Blog

Klinische Forschung im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich

Bei medXteam stehen klinische Daten im Mittelpunkt. In diesem Kontext führen wir als CRO nicht nur klinische Prüfungen mit Medizinprodukten gemäß MDR und ISO 14155 durch, sondern bieten auch sämtliche weiteren Möglichkeiten und Formen der Datenerhebung an. Dieses Mal geht es in diesem Kontext um das Thema der klinischen Prüfungen im Dentalbereich. Da dieses Thema sehr umfangreich ist, haben wir es auf zwei Teile aufgeteilt. In diesem Teil 1 geht es insbesondere um die Studientypen, das Design und besondere Endpunkte bei Medizinprodukten, die in Dentalstudien zum Einsatz kommen.  

Abkürzungen

MDR                Medical Device Regulation; EU-Verordnung 2017/745

Zugrundeliegende Regularien

EU-Verordnung 2017/745 (MDR)
Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG)

Quellen

www.ebm-netzwerk.de : abgrufen am 26. August 2024 um 7:49 Uhr

BA Just , H Rudolph , R Muche: „Klinische Studien in der Zahnmedizin – und was dahinter steckt - Clinical Trials in Dentistry – What lies Behind“. ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2012; 121(10): 478-486. DOI: 10.1055/s-0032-1330863

WV Giannobile, NP Lang, MS Tonetti, eds.: „Osteology guidelines for oral and maxillofacial regeneration: clinical research“. Quintessence Publishing, 2014.

1. Einleitung

Die Klinische Forschung im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich unterscheidet sich in den grundsätzlichen Prinzipien nicht von biomedizinscher Forschung in anderen Gebieten des menschlichen Körpers.

Auch dentale klinische Studien können grundsätzlich anhand der Vorgehensweise in experimentelle und epidemiologische, prospektive und retrospektive Studien unterteilt werden (siehe dazu auch unsere früheren Blogbeiträge).

2. Dentale Studien

2.1 Experimentelle Studien

Bei einer experimentellen Studie wird ein Experiment (oder Therapie) wiederholt durchgeführt, wobei die Anzahl und das Auswahlverfahren der Studienobjekte (Prüfungsteilnehmer, Patienten) sowie die Art und der Umfang der zu sammelnden Informationen vor Studienbeginn festgelegt werden. Ziel einer experimentellen Studie ist im Allgemeinen der Nachweis von kausalen Zusammenhängen. Bei einer epidemiologischen Studie ( Beobachtungsstudie) wird ausschließlich wiederholt beobachtet, ohne dabei in den Prozessablauf einzugreifen, diese Art der Studie ist auch retrospektiv möglich. Ziel einer epidemiologischen Studie ist im Allgemeinen das Erkennen und Bewerten von Zusammenhängen.

Das folgende Studiendesign  jedoch ist spezifisch für die Zahnmedizin und erfreut sich aus verschiedenen Gründen großer Beliebtheit:

Split – Mouth – Design

Das Split-Mouth-Design ist ein Versuchsmodell in der Zahnmedizin, bei dem bei einem Studienteilnehmer in unterschiedlichen Bereichen der Mundhöhle 2 oder mehr verschiedene Therapien vorgenommen werden. In der Regel wird die Therapieform zufallsbasiert (randomisiert) dem Bereich der Mundhöhle zugeteilt. Durch diese spezielle Form des Studiendesigns werden die Unterschiede eliminiert, die zwischen zwei Patienten herrschen. Jeder Patient fungiert gleichzeit als Test und Kontrolle. Im Gegensatz zu Studiendesigns, die verschiedene Patienten miteinander vergleichen, verbessert das Split-Mouth-Design die Vergleichbarkeit verschiedener Therapieformen, wodurch unter Umständen die Fallzahl geringer gewählt werden kann. Da es sich bei dem gewonnenen Informationsgehalt um sogenannte „verbundene“ Daten handelt, sind allerdings dementsprechend spezielle, „verbundene“ statistische Tests notwendig.

2.2 Validität der Daten 

Für die Validität von dentalen Studien gelten die Grundsätze aller klinischen Studien: sie ist ein qualitatives Maß der Gültigkeit eines Forschungsresultats – jedoch kein mathematisches Maß wie die Reliabilität. Auch hier wird zwischen interner und externer Validität unterschieden. Interne Validität steht für die Eindeutigkeit der Ergebnisinterpretation und wird beeinflusst durch systematische Fehler (Bias), wie z.B. Fehler im Design der Studie, ihrer Durchführung, der Datenerhebung oder Fehlern bei der Auswertung und Ergebnisanalyse.

2.3 Evidenz

Für die Einteilung in Evidenzklassen, Randomisierung, Fallzahlplanung und statistische Auswertung  gelten bei klinischen Studien im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich dieselben Regeln wie für andere klinische Studien.

2.4 Good Clinical Practice

GCP oder „Good Clinical Practice („gute klinische Praxis“) bezeichnet international anerkannte, ethische und wissenschaftliche Qualitätsstandards und Regeln für die Durchführung von klinischen Studien am Menschen. Die Einhaltung der GCP dient der Gewährleistung des Schutzes und der informierten Einwilligung der Studienteilnehmer (ethischer Aspekt) sowie der Erhebung glaubwürdiger, valider Daten. Natürlich fallen auch dentalmedizinische klinische Studien unter die „gute klinische Praxis“.

2.5 Bereiche

Die Zahnmedizin ist ein Gebiet, in dem viele Medizinprodukte zum Einsatz kommen. Man denke zum Beispiel an Bohrer zum Entfernen von kariösen Läsionen, Füllungsmaterialien, kieferorthopädische Aligner aber auch Implantate. Daher regeln MDR und ISO14155 die regulatorische Herangehensweise und Durchführung von klinischen Studien.

Ein Bereich, in dem viele klinische Studien angesiedelt sind, ist die Parodontologie und dentoalveoläre Chirurgie. Die folgenden Abschnitte beziehen sich daher vor allem auf diese beiden Forschungsfelder.

3. Endpunkte in klinischen Studien

Die Grundlage der klinischen Forschung besteht darin, eine klinisch relevante Hypothese aufzustellen, die mit wissenschaftlichen Methoden validiert oder widerlegt werden kann. Mit dieser Methode kann eine gezielte und klinisch relevante Fragestellung systematisch definiert, gemessen und analysiert werden, um eine Antwort zu erhalten, die in Form von Endpunkten oder Ergebnissen angegeben wird. Die Ergebnisse sind daher die Folgen oder Effekte von Interventionen in klinischen Studien sowie die Effekte der untersuchten biologischen Prozesse in prospektiven Beobachtungsstudien.

Ein Endpunkt  ist der Parameter oder die Variable, die in einer Interventions- oder Beobachtungsstudie gemessen wird; mit dem Ergebnis dieser Messung wird die Antwort auf die Forschungsfrage oder die Gültigkeit der getesteten Hypothese geliefert. Diese Endpunkte können vom Patienten oder der Versuchsperson selbst (patientenbezogene Endpunkte) oder vom Prüfer oder Kliniker zu bestimmten Aspekten des Krankheitsverlaufs oder des Ansprechens auf die Behandlung (vom Prüfer bewertete Endpunkte) beurteilt und bewertet werden. Echte Endpunkte werden auch als solche definiert, die eine greifbare Auswirkung auf den Patienten darstellen (z. B. Zahnverlust).

In der Studienmethodik der klinischen Forschung werden unter Surrogatendpunkten (intermediären Endpunkten) Endpunkte verstanden, die selbst nicht von unmittelbarer Bedeutung für die Patienten sind, aber stellvertretend für wichtige Endpunkte stehen können (z. B. Blutdrucksenkung als Surrogatparameter für Vermeidung eines Schlaganfalls). Surrogatendpunkte sind oft physiologische oder biochemische Marker, die sich relativ schnell und einfach messen lassen und denen eine Vorhersagefunktion für spätere klinische Ereignisse zugestanden wird. Voraussetzung für zuverlässige Aussagen über die Wirksamkeit einer Behandlung ist ein enger kausaler Zusammenhang zwischen Surrogatparameter und dem eigentlichen Endpunkt. Es wird daher erwartet, dass die gemessenen signifikanten Veränderungen des Surrogat-Ergebnisses als Folge der getesteten Intervention auch den wahren Endpunkt signifikant beeinflussen werden. Diese Antwort ist in vielerlei Hinsicht umstritten, vor allem bei der Untersuchung und Behandlung chronischer Krankheiten mit multifaktorieller Ätiologie, wie z. B. Parodontitis, wo die Bewertung eines Aspekts der Krankheit ein anderes Ergebnis über einen anderen Weg oder den Einfluss anderer Störfaktoren, die nicht durch das untersuchte Surrogat identifiziert wurden, nicht ausschließt.

Die Ergebnisse der klinischen Forschung werden auch in "primäre" und "sekundäre" Ergebnisse unterteilt. Primäre Ergebnisse sind solche, die zur Beantwortung der Forschungsfrage oder zur Validierung der getesteten Hypothese dienen. Sie stehen daher bei der Datenanalyse im Vordergrund und dienen dazu, die Schlussfolgerungen der Studie zu liefern. Sie müssen auch für die Berechnung des Stichprobenumfangs der Studie herangezogen werden. Die ideale Situation für die klinische Forschung wäre die Verwendung echter Ergebnisse als primäre Ergebnisse, aber wie bereits erwähnt, sind echte Ergebnisse in der klinischen Forschung bei kurz- bis mittelfristigen Interventions- oder Beobachtungsstudien in der Regel nur schwer zu bewerten.

Sekundäre Ergebnisse sind in der Regel Messungen von Verhaltensweisen oder Lebensstilen, die das Ergebnis des eigentlichen Ergebnisses erheblich beeinflussen (z. B. Tabakrauchen, Plaquekontrolle). Ihre Bewertung ist daher wichtig für die Kontrolle der relevanten Faktoren, die das untersuchte Ansprechen auf eine Intervention oder den Beginn oder das Fortschreiten eines Krankheitsprozesses beeinflussen können.

Die Ergebnisse können auch in "qualitativ" oder "quantitativ" unterteilt werden. Quantitative Ergebnisse sind solche, die mit numerischen kontinuierlichen Variablen ausgedrückt werden können, die in der Regel einer parametrischen Statistik unterzogen werden können. Qualitative Ergebnisse sind verbale oder kategoriale Darstellungen einer nicht quantifizierbaren Variable und können weiter als nominal (z. B. Geschlecht) oder ordinal klassifiziert werden, wenn sie in Kategorien ausgedrückt werden können (z. B. Plaque-Index). Vor ihrer Verwendung in der klinischen Forschung muss jede quantitative oder qualitative Variable hinsichtlich ihrer Validität und Zuverlässigkeit bei der Bewertung des untersuchten Ergebnisses sowie hinsichtlich ihrer Sensitivität und Spezifität bei der Darstellung eines echten Ergebnisses bewertet werden.

In oralen klinischen Untersuchungen zur Geweberegeneration werden je nach Fragestellung sowohl echte Endpunkte als auch Surrogatendpunkte verwendet, um die Wirksamkeit von Behandlungen zu bewerten.

Um die Qualität einer klinischen Studie sicherzustellen, sollten die Endpunkte natürlich für die große Mehrheit der Patienten und Erkrankungen anwendbar sein. Zudem sollen sie klar definiert und einfach zu validieren sein. Darüberhinaus ist eine hohe Sensitivität/Spezifität für die Krankheitsdiagnose und das Fortschreiten der Krankheit wichtig.

Im folgenden stellen wir die in der Parodontologie und Oralchirurgie am häufigsten verwendeten Endpunkte und Ergebnisse vor, wobei der Schwerpunkt auf der Geweberegeneration liegt.

3.1 Endpunkte in der Parodontologie

Endpunkte in der Parodontalforschung dienen dem Verständnis des parodontalen Krankheitsprozesses und der Untersuchung der Wirksamkeit verschiedener therapeutischer Maßnahmen . Für die Untersuchung des Krankheitsprozesses ist es wichtig, eine klare Falldefinition für die zu untersuchende parodontale Erkrankung (Gingivitis, chronische Parodontitis, aggressive Parodontitis usw.) festzulegen. Obwohl es in der Literatur verschiedene Falldefinitionen gibt, ist die internationale Klassifikation der European Federation of Periodontology (2017)  der parodontalen Erkrankungen und Zustände die am weitesten akzeptierte ).

Die chronische Parodontitis schreitet in der Regel langsam voran, und wenn keine präventiven oder therapeutischen Maßnahmen ergriffen werden, führt ihr natürlicher Verlauf schließlich zur Lockerung des Zahns bis zum Ausfallen des Zahnes. Dieses Fortschreiten verläuft jedoch in der Regel langsam, mit Perioden des Verlusts des parodontalen Attachments, gefolgt von Perioden der Ruhe oder sogar der Geweberegeneration, was von vielen Faktoren abhängt (genetische Anfälligkeit, Lebensstil und verhaltensbedingte Risikofaktoren usw.), die sich auf die Interaktionen zwischen Wirt und Bakterien auswirken, die an der Pathogenese der Gewebezerstörung beteiligt sind.

Bei der Untersuchung der verschiedenen Präventions- und Therapieansätze wird die Wirksamkeit der verschiedenen Maßnahmen im Hinblick auf ihren Einfluss auf das parodontale Attachmentniveau anhand verschiedener Endpunkte ermittelt:

durch

  • die Verhinderung des Attachmentverlusts und damit die Erhaltung der parodontalen Gesundheit (Prävention),
  • die Unterbrechung des destruktiven Krankheitsprozesses und
  • die Erhaltung eines gesunden, aber reduzierten Parodonts (ursachenbezogene Therapie) oder
  • durch die Anwendung regenerativer Technologien, die darauf abzielen, ein neues Attachment des Parodonts an einer zuvor erkrankten Wurzeloberfläche zu erreichen (regenerative Therapien).

In der Parodontalforschung gibt es zwei echte Endpunkte: der eine ist der histologische Nachweis des Verlust des parodontalen Attachments, und der andere ist der Zahnverlust, das Endergebnis des Krankheitsprozesses.

Die Histologie ist die einzige verfügbare Methode zum Nachweis der parodontalen Regeneration und der periodontalen Zerstörung. Diese Technik ist jedoch auf die präklinische Forschung beschränkt, da für eine histologische Auswertung, der betroffeneZahn in einem Block mit dem dazugehörigen Weichgewebe für die histologische Präparation entnommen werden muß. Dennoch wurden in der Historie histologische Ergebnisse in Studien zur Bewertung regenerativer Technologien genutzt. Um das Ausmaß der Regeneration nachzuweisen, müssen neuer Zement und neues Bindegewebsattachment koronal zur apikalen Ausdehnung des Krankheitsprozesses entlang der Wurzel identifiziert werden. Neben der Bewertung des Vorhandenseins von neuem Zement und Bindegewebsattachment als qualitatives histologisches Ergebnis zum Nachweis der parodontalen Regeneration wurde die histometrische Analyse zur quantitativen mikroskopischen Gewebsbestimmung des Attachments (neues Zement, Bindegewebe und Epithel) eingesetzt. Dabei wurde eine während des chirurgischen Eingriffs eingebrachte Kerbe an der apikalen Ausdehnung des Attachmentverlustes als feste Landmarke verwendet. Diese histologischen Ergebnisse können jedoch aus offensichtlichen ethischen Gründen nur in experimentellen Studien untersucht werden, so dass die Bewertung regenerativer Therapien in Humanstudien mit Surrogat-Ergebnissen erfolgen muss.

Ein weiterer echter Endpunkt ist der Zahnverlust, da er das definitive Ende des Krankheitsprozesses und den eindeutigen Misserfolg einer jeden Interventionsstudie darstellt. Dieser Endpunkt wird in klinischen Studien kaum verwendet, da dieses Ereignis selten ist und viel Zeit in Anspruch nimmt. Seine Bewertung ist jedoch in langfristigen Bevölkerungsstudien sowie in Längsschnittstudien zur Bewertung der langfristigen Wirksamkeit von präventiven und therapeutischen Maßnahmen sehr wichtig, da sie eine echte Bewertung des Überlebens der Zähne ermöglicht und die Bewertung der Risikofaktoren erlaubt, die dieses Ergebnis beeinflussen.

3.2 Primäre Surrogat-Endpunkte in der Parodontologie

Wie bereits erwähnt, sind die primären Endpunkte in der Parodontalforschung die Bewertung des klinischen Attachmentniveaus durch parodontale Sondierung und des Knochenniveaus durch Röntgenuntersuchungen.

3.2.1 Parodontale Sondierung

Die parodontale Sondierung ist die am häufigsten verwendete nicht-invasive Diagnosemethode zur Beurteilung des Fortschreitens der Parodontitis und zur Bewertung des parodontalen Attachmentniveaus. Dies geschieht in der Regel durch vorsichtiges Einführen der Sonde in den gingivalen Sulkus und Messen des Abstands zwischen einem festen Referenzpunkt, der Schmelz-Zement-Grenze (cemento enamel junction; CEJ), und dem Punkt, an dem die Sonde bei einem bestimmten Druck (etwa 25 g) anhält (Boden des Sulkus oder der Tasche). Diese Messung, die als klinischer Attachmentlevel (clinical attachement level; CAL) bezeichnet wird, ist nicht immer einfach zu bewerten, da der CEJ nicht immer für eine visuelle Inspektion zur Verfügung steht, wenn sie sich unterhalb des Zahnfleischrandes befindet. Aus diesem Grund wird das CAL-Niveau in der Regel zusammen mit dem Niveau der Sondierungstaschentiefe (probing pocket depth; PPD) und dem Rezessionsniveau (recession level; REC) bestimmt. Die PPD-Werte geben den Abstand zwischen dem Gingivarand und dem Boden des Sulkus/der Tasche an, die REC-Werte den Abstand zwischen dem Gingivarand und dem CEJ. Die Addition von PPD und REC drückt CAL aus; bei Gesundheit, Gingivitis und früher Parodontitis gibt es jedoch keine Rezession, da der Gingivarand in der Regel über oder auf der Höhe der CEJ liegt, was bedeutet, dass PPD und CAL ähnliche Werte haben. Bei Interventionsstudien in der Parodontalforschung müssen die drei Messwerte (CAL, PPD und REC) zu Beginn und nach der Behandlung aufgezeichnet werden, um die Auswirkungen der Therapie auf das Fortschreiten der Erkrankung zu bewerten. In diesen Studien muss das primäre Ergebnis daher die Zunahme des klinischen Attachments und die Verringerung der Sondierungstaschentiefe sein.

Obwohl die parodontale Sondierung die am häufigsten verwendete Bewertungsmethode in der Parodontalforschung ist, weist diese Messung viele Fehlerquellen auf, die bei klinischen Untersuchungen minimiert werden sollten. Ihre Validität und Reproduzierbarkeit hängt von der Neigung beim Eindringen in den Sulkus, von der Einführungskraft, von der Fähigkeit, die Messungen richtig abzulesen (in der Regel innerhalb von 1 mm) und von der Genauigkeit der korrekten Übertragung der Ergebnisse ab. Es wurden verschiedene Strategien zur Verringerung dieser Variabilität empfohlen, wie z. B. die Verwendung von Sonden mit konstanter Kraft, Stents zur Führung der Sonde und elektronische Ablesesysteme. Um die Reproduzierbarkeit der Sondierungsmessungen in jeder klinischen Studie zu gewährleisten, ist es außerdem von grundlegender Bedeutung, Kalibrierungsstudien durchzuführen, um sicherzustellen, dass die Variabilität zwischen den Prüfern so gering wie möglich gehalten wird. Idealerweise sollte ein einziger kalibrierter Prüfer alle Messungen durchführen. Wenn andere Prüfer eingesetzt werden, ist es noch wichtiger, Kalibrierungsstudien zwischen den Prüfern durchzuführen.

In der Vergangenheit wurden in klinischen Prüfungen zur parodontalen Regeneration intraoperative Sondierungsmessungen an den behandelten infraalveolären Läsionen durchgeführt. Bei diesem Studiendesign werden die Baselinemessungen währende der Intervention durchgeführt, sobald der Defekt vollständig debridiert (gereinigt) ist, und der Abstand zwischen der Schmelzzementgrenze (CEJ) und der tiefsten Stelle des Defekts wird aufgezeichnet. Für die Bewertung des Ergebnisses ist ein chirurgischer Wiedereingriff (Re-Entry) erforderlich, um diesen Abstand (CEJ-Tiefpunkt des Defekts) nach Anheben eines Lappens zu registrieren. Aus offensichtlichen ethischen Gründen werden diese Re-Entry-Studien nur noch selten durchgeführt, es sei denn, der zweite chirurgische Eingriff ist erforderlich, um eine nicht resorbierbare Barrieremembran (z. B. e-PFTE), zu entfernen.

3.2.2 Röntgenaufnahmen des Knochenniveaus

Die Verwendung periapikaler Röntgenaufnahmen ist die gängigste Methode, um Veränderungen der interdentalen Alveolarknochenposition im Verhältnis zu einem festen Referenzpunkt am Zahn (z.b. CEJ) festzustellen. Diese Messung liefert, ähnlich wie der CAL-Wert, wichtige Informationen bei der Untersuchung des Fortschreitens der Parodontalerkrankung (Verlust des Knochenniveaus) oder bei der Untersuchung der parodontalen Regeneration (Zunahme des Knochenniveaus) oder bei Studien zur Bewertung der Parodontaltherapie, bei denen lediglich versucht wird, den Krankheitsprozess aufzuhalten (Stabilität des Knochenniveaus). Um diese Veränderungen des Knochenniveaus festzustellen, müssen zwei oder mehr Röntgenuntersuchungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten verglichen werden . Ähnlich wie bei klinischen Messungen sind die am häufigsten berechneten Abstände der Abstand zwischen dem CEJ und dem tiefsten Kontakt zwischen der Wurzel und dem Knochen. Die Daten werden in der Regel in Form von linearen Messungen des Knochenaufbaus oder Knochenabbaus ausgedrückt. Ähnlich wie bei der parodontalen Sondierung ist auch die Gültigkeit und Reproduzierbarkeit der röntgenologischen Beurteilung des Knochenniveaus vielen Fehlerquellen unterworfen.

Dazu gehören:

  • die Röntgenprojektion,
  • die Position der Platte oder des Sensors,
  • die Röntgenaufnahme und -verarbeitung sowie die
  • Fähigkeit des Untersuchers, die Bilder zu interpretieren.

In der klinischen Forschung ist es daher wichtig, diese Variabilitätsquellen zu kontrollieren, indem periapikale Röntgenaufnahmen mit der richtigen Parallelisierungstechnik und unter Verwendung von individuellen Röntgenfilmhaltern, die Abdrücke der Kauflächen des Patienten enthalten, angefertigt werden. Dies gewährleistet einen reproduzierbaren Röntgenwinkel über die komplette Bilderserie. Die meisten der aktuellen Röntgendiagnosesysteme verwenden digitalisierte Bilder, die eine Bildkorrektur und direkte lineare Messungen durch die Software ermöglichen, was die Reproduzierbarkeit dieser Messungen verbessert. Im Idealfall erfolgt die Auswertung der Veränderungen des Knochenniveaus elektronisch über die digitale Subtraktionsanalyse, dies erfordert eine sehr präzise Röntgentechnik, um eine korrekte Überlagerung der Bilder zu ermöglichen.

Die Bewertung von Veränderungen des Knochenniveaus kann in klinischen Studien auch direkt erfolgen, indem der Abstand zwischen CEJ und dem tiefsten Knochenkontakt zur Wurzeloberfläche gemessen wird (Knochensondierung). Dies muss intraoperativ erfolgen, und dann erneut bei einem späteren Wiedereingriff nach Anheben eines Lappens und Reinigung des Restdefekts. Wie oben bereits erwähnt, werden diese invasiven Wiedereingriffsverfahren aus offensichtlichen ethischen Gründen nicht empfohlen. Auch die  Verwendung von Studienabdrücken des Defekts zur Bewertung der dreidimensionalen Veränderungen der Läsion nach dem getesteten regenerativen Eingriff sind denkbar. . Intrachirurgische Abdrücke sollten sowohl zum Zeitpunkt der Operation nach dem Debridement der Defekte als auch am Ende des Studienzeitraums (in der Regel ein Jahr) genommen werden. Diese Abdrücke sollten Aufschluss geben über:

(i) Anzahl der betroffenen Zahnoberflächen;

(ii) die Tiefe der 1-, 2- und 3-Wand-Komponente des Defekts; und

(iii) der Defektumfang, der als Breite des Winkels geschätzt und auf die nächsten 30 Grad genau gemessen wird.

Auch diese Endpunkte erfordern ein Re-Entry-Verfahren und sind aus den gleichen Gründen wie oben beschrieben kritisch zu betrachten.  

3.3 Sekundäre Surrogat-Endpunkte

Bei der Durchführung klinischer Studien in der Parodontologie gibt es mehrere Endpunkte, die nicht unbedingt das Hauptziel der Untersuchung oder das Ergebnis der getesteten Behandlung bewerten, von denen aber bekannt ist, dass sie das Studienergebnis sekundär beeinflussen, und die daher bewertet und berücksichtigt werden sollten. Die am häufigsten verwendeten sekundären Endpunkte sind Plaqueakkumulation und Zahnfleischentzündung. Beide Messungen sind miteinander verknüpft,  die eine gibt Aufschluss über die Einhaltung der Mundhygienemaßnahmen durch den Patienten (Plaqueakkumulation) und die andere über den Grad der Infektionskontrolle (Zahnfleischentzündung), die in der Regel in der  Therapiephase durchgeführt wird, die vor einer parodontalen Regenerationstherapie erfolgt. Die Plaqueakkumulation kann zum Beispiel mit dem Full-Mouth-Plaque-Score (FMPS) gemessen, der dichotomisch das Vorhandensein von sichtbarer Plaque an 4 bis 6 Stellen pro Zahn bewertet (0, keine sichtbare Plaque am Weichgeweberand; 1, sichtbare Plaque am Weichgeweberand). Er wird proportional ausgedrückt, und es wird davon ausgegangen, dass eine gute Patientencompliance erreicht ist, wenn dieser Wert unter 15 % liegt. In ähnlicher Weise kann die Entzündung der Gingiva mit dem Full-Mouth-Bleeding-Score (FMBS) bewertet, der das Vorhandensein von sichtbaren Blutungen bei der Sondierung an 4 bis 6 Stellen pro Zahn beurteilt. Er wird ebenfalls proportional ausgedrückt, und es wird geschätzt, dass eine angemessene Infektionskontrolle erreicht ist, wenn dieser Wert unter 15 % liegt.

Es gibt noch andere Indizes zur Bewertung der Plaqueansammlung und der Entzündung der Zahnfleischtaschen (Plaqueindex, Gingivaindex usw.), aber diese werden hauptsächlich für Therapien verwendet, die auf die Verringerung von Plaque und Gingivitis abzielen und bei denen diese Indizes zum Hauptendpunkt der Untersuchung werden, was bei regenerativen Studien eindeutig nicht der Fall ist.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Rauchgewohnheit des Patienten. Idealerweise sollten die Prüfungsteilnehmer Nichtraucher sein, wenn dies nicht möglich ist, sollte der Faktor „Rauchen“ bei der Randomisierung berücksichtigt werden, damit die Anzahl der Raucher in den Behandlungsgruppen ausgeglichen ist.

Die Wahl der Operationstechnik und Methodik ist ein weiterer wichtiger Faktor. Es gibt spezielle chirurgische Techniken für regenerative Verfahren, die hauptsächlich auf die Erhaltung des Interdentalgewebes abzielen. Diese Techniken sollten im Forschungsprotokoll klar beschrieben werden, und vor Beginn der Studie sollte eine entsprechende Schulung und Kalibrierung durchgeführt werden.

Eine weitere Rolle spielt die Defektkategorie. Insbesondere bei Studien zur parodontalen Regeneration, bei denen verschiedene Ansätze zur Behandlung infraalveolärer Defekte verfolgt werden, kann die Anatomie des Defekts das Regenerationsergebnis beeinflussen, weshalb die Messung dieser Anatomie als sekundäres Surrogat verwendet werden sollte. Dies geschieht in der Regel intraoperativ durch direkte Messungen des Defekts mit einer Parodontalsonde, nachdem die Läsion vollständig gereinigt wurde. Diese Messungen sollten die Anzahl der knöchernen Wände, die den Defekt definieren, die infraalveoläre Komponente des Defekts und die Defektangulation umfassen. Die infraknöcherne Komponente des Defekts kann ebenso wie die Defektwinkelung auch röntgenologisch gemessen werden, wobei die Genauigkeit eine gute Röntgentechnik erfordert.

4. Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei klinischen Studien zur parodontalen Regeneration viele Faktoren berücksichtigt werden müssen, um zuverlässige und aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Die Defektkategorie, die Wahl der Operationstechnik und Methodik sowie die Rauchgewohnheit der Patienten spielen eine wesentliche Rolle. Darüber hinaus sollten sekundäre Endpunkte wie Plaqueakkumulation und Zahnfleischentzündung sorgfältig bewertet werden, da sie das Studienergebnis erheblich beeinflussen können. Diese Faktoren tragen dazu bei, die Wirksamkeit und Sicherheit der untersuchten Behandlungsmethoden zu gewährleisten und letztendlich die parodontale Gesundheit der Patienten zu verbessern.

Fortsetzung folgt: Freuen Sie sich auf Teil 2 unserer Blogreihe, in dem wir weitere wichtige Aspekte der klinischen Forschung in der Parodontologie vertiefen werden. Bleiben Sie dran!

5. Wie wir Ihnen helfen können

Gern unterstützen wir Sie im Hinblick auf eine erfolgreiche Studienplanung und -durchführung bei Dentalstudien. Durch unsere umfassende Expertise in diesem Bereich mit den Besonderheiten, die hier zu berücksichtigen sind, generieren wir für Sie so die klinischen Daten, die Sie für Ihr Medizinprodukt benötigen. 

Wir unterstützen Sie während Ihres kompletten Vorhabens mit Ihrem Medizinprodukt, beginnend bei einer kostenlosen Erstberatung, Hilfe bei der Einführung eines QM Systems, Studienplanung und Durchführung bis hin zur Technischen Dokumentation - immer mit primärem Bezug auf die klinischen Daten zum Produkt: von Anfang an bis zum Ende.

Haben Sie jetzt schon erste Fragen?

Eine kostenfreie Erstberatung erhalten Sie hier: kostenlose Erstberatung

FDA - MDR: Transfer der Zulassungsstrategie auf den US-Markt

Bei medXteam stehen klinische Daten im Mittelpunkt. In diesem Kontext führen wir als CRO nicht nur klinische Prüfungen mit Medizinprodukten gemäß MDR und ISO 14155 durch, sondern bieten auch sämtliche weiteren Möglichkeiten und Formen der Datenerhebung an. Dieses Mal geht es in diesem Kontext um das Thema der Zulassungsstrategien auf dem US-Markt. Auch hier gelten regulatorische Anforderungen und es werden zum Teil klinische Daten benötigt. Doch dieses Mal steht die Frage im Mittelpunkt: Wie schaffe ich den Transfer meiner MDR-Zulassungsstrategie auf den US-Markt mit höchster Effizienz?

Abkürzungen

MDR                Medical Device Regulation; EU-Verordnung 2017/745

QMS                Qualitätsmanagementsystem

Zugrundeliegende Regularien

EU-Verordnung 2017/745 (MDR)
Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG)
Federal Food, Drug and Cosmetic Act (FD&C Act)
Code of Federal Regulations (CFR), Title 21
Quality System Regulation (QSR) – 21 CFR Part 820
Medical Device Reporting (MDR) – 21 CFR Part 803
Unique Device Identification (UDI) – 21 CFR Part 830
Postmarket Surveillance – 21 CFR Part 822

1. Einleitung

Der globale Markt für Medizinprodukte steht vor zahlreichen regulatorischen Herausforderungen und Anforderungen, die in den verschiedenen Regionen variieren. Zwei der wichtigsten regulatorischen Rahmenwerke sind die Medical Device Regulation (MDR) der Europäischen Union und die Zulassungsverfahren der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA). Beide Regulierungsbehörden haben das primäre Ziel, die Sicherheit und Wirksamkeit von Medizinprodukten zu gewährleisten, jedoch unterscheiden sich ihre Anforderungen und Prozesse erheblich.

Die MDR, die im Mai 2021 final in Kraft trat, ersetzte die frühere Medical Device Directive (MDD) und brachte bedeutende Änderungen und verschärfte Anforderungen mit sich. Sie stellt sicher, dass Medizinprodukte, die in der EU vertrieben werden, höchsten Sicherheits- und Leistungsstandards entsprechen. Die MDR erfordert eine umfassende technische Dokumentation, strenge klinische Bewertungen und kontinuierliche Überwachung nach dem Inverkehrbringen (Post-Market Surveillance). Diese strengeren Anforderungen stellen eine Herausforderung für Hersteller dar, die sicherstellen müssen, dass ihre Produkte den neuen Vorschriften entsprechen.

Auf der anderen Seite steht die FDA, die eine zentrale Rolle bei der Regulierung von Medizinprodukten in den Vereinigten Staaten spielt. Die FDA-Klassifizierung von Medizinprodukten in verschiedene Risikoklassen bestimmt den Zulassungsweg, den ein Produkt durchlaufen muss, bevor es auf den Markt kommt. Die gängigsten Zulassungswege sind die 510(k) Premarket Notification, das Premarket Approval (PMA), die Investigational Device Exemption (IDE) und die De Novo Classification. Jeder dieser Wege hat spezifische Anforderungen an die Dokumentation und klinischen Daten, die eingereicht werden müssen.

Der Transfer der MDR-Zulassungsstrategie auf den US-Markt ist ein komplexer Prozess, der sorgfältige Planung und umfassende Kenntnisse der regulatorischen Anforderungen beider Systeme erfordert. Unternehmen, die diesen Transfer erfolgreich durchführen möchten, müssen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den MDR- und FDA-Vorschriften verstehen und ihre Dokumentation und Prozesse entsprechend anpassen. Dies beinhaltet die Identifikation von Synergien, die Anpassung technischer Dokumentationen und Berichte sowie die Berücksichtigung spezifischer FDA-Anforderungen im Risikomanagement und der Konformitätsbewertung.

Mit diesem Blogbeitrag möchten wir die Grundlagen und den Kontext für den Transfer der MDR-Zulassungsstrategie auf den US-Markt schaffen. Wir werden die wesentlichen Anforderungen und Prozesse der MDR und FDA beleuchten, die Hauptunterschiede und Gemeinsamkeiten herausarbeiten und die spezifischen Herausforderungen und Lösungsansätze für den Transferprozess diskutieren. Ziel ist es, Unternehmen praxisorientierte Einblicke und konkrete Handlungsempfehlungen zu geben, um den Transferprozess effizient und erfolgreich zu gestalten.

2. Medizinproduktezulassung unter der MDR

Die MDR erfordert eine umfassende technische Dokumentation, die alle Aspekte des Produktlebenszyklus abdeckt, einschließlich Design, Herstellung und klinischer Daten. Der Prozess umfasst die Einreichung dieser Dokumentation bei einer Benannten Stelle, die eine Konformitätsbewertung durchführt und bei Erfolg eine CE-Kennzeichnung erteilt. Ausgenommen des Einreichungsverfahrens sind solche Medizinprodukte, welcher unter der MDR der Klasse I zuzuordnen sind.

Die technische Dokumentation unter der MDR muss detaillierte Informationen über das Medizinprodukt enthalten, einschließlich Risikomanagement-Berichten, klinischen Bewertungen und Nachweis der Einhaltung aller relevanten Normen. Gemäß MDR müssen Hersteller ein robustes Risikomanagementsystem implementieren, das die Identifikation, Bewertung und Kontrolle von Risiken umfasst. Die klinische Bewertung ist ein kontinuierlicher Prozess, der klinische Daten verwendet, um die Sicherheit und Leistung des Produkts über dessen Lebenszyklus hinweg zu bestätigen. Zudem ist es mittlerweile für jeden Hersteller eines Medizinproduktes Pflicht, ein vollständiges Qualitätsmanagementsystem mit allen relevanten Prozessen zu implementieren.

3. Medizinproduktezulassung unter der FDA

Die FDA kategorisiert Medizinprodukte in drei Klassen (I, II und III) basierend auf ihrem Risiko. Je nach Klassifizierung müssen Hersteller entweder eine 510(k)-Premarket Notification, eine PMA (Premarket Approval) oder eine IDE (Investigational Device Exemption) einreichen. Jedes Verfahren hat spezifische Anforderungen an die Dokumentation und klinischen Daten.

Die 510(k) Premarket Notification ist für Produkte der Klasse II gedacht, die nachweisen müssen, dass sie einem bereits auf dem Markt befindlichen Produkt ähnlich sind. Die PMA (Premarket Approval) ist für Klasse III Produkte, die ein höheres Risiko darstellen und den Nachweis umfangreicher klinischer Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit erfordern.

Die IDE (Investigational Device Exemption) ermöglicht es, klinische Studien mit Produkten der Klasse III durchzuführen, die noch keine Marktfreigabe haben. Das De Novo-Verfahren bietet eine Möglichkeit zur Klassifizierung neuer Produkte, die kein gleichartiges, zugelassenes Produkt haben, aber ein geringes bis mittleres Risiko darstellen.

Auch unter der FDA ist es essenziell, als Hersteller ein robustes Qualitätsmanagementsystem gemäß den Anforderungen (21 CFR Part 820) zu implementieren, um die Qualität und Konsistenz der Produkte sicherzustellen.

4. Vergleich der Zulassungsprozesse: MDR vs. FDA

Beide Systeme haben das gemeinsame Ziel, die Sicherheit von Medizinprodukten zu gewährleisten, unterscheiden sich jedoch in ihren Ansätzen. Die MDR erfordert für jede Art von Medizinprodukt eine strikte Überwachung nach dem Inverkehrbringen und kontinuierliche klinische Bewertungen, während die FDA unterschiedliche Zulassungswege basierend auf dem Risiko des Produkts bietet.

Die MDR-Zulassung kann zeitaufwändig und kostspielig sein, da je nach Art und Risikoklasse des Produktes umfassende klinische Daten und detaillierte technische Dokumentation erforderlich sind. Die FDA-Zulassung kann je nach Verfahren (510(k), PMA) variieren, wobei PMA(Premarket Approval)-Verfahren in der Regel teurer und langwieriger sind als 510(k)-Einreichungen.

Die MDR verlangt umfangreiche technische Dokumentation und laufende klinische Bewertungen. Die FDA erfordert ebenfalls detaillierte Dokumentation, jedoch können die spezifischen Anforderungen je nach Zulassungsweg und Produktklassifizierung variieren. Klinische Studien sind für PMA (Premarket Approval) und IDE (Investigational Device Exemption) häufig notwendig, während 510(k) auf vorhandene klinische Daten setzt.

5. Transfer der MDR-Zulassungsstrategie auf den US-Markt

Bei der Übertragung der MDR-Zulassungsstrategie auf den US-Markt können viele bereits gesammelte Daten und Dokumentationen weiterverwendet werden. Es ist jedoch wichtig, die Unterschiede in den regulatorischen Anforderungen zu erkennen und entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Die technische Dokumentation, die für die MDR erstellt wurde, muss möglicherweise angepasst werden, um den spezifischen Anforderungen der FDA zu entsprechen. Dies kann die Umformatierung von Berichten, zusätzliche Tests oder die Erstellung neuer Dokumente beinhalten, die von der FDA gefordert werden.

Das bestehende Risikomanagementsystem nach ISO 14971 kann in vielen Aspekten beibehalten werden, muss jedoch möglicherweise erweitert werden, um spezifische FDA-Anforderungen zu erfüllen. Die Konformitätsbewertung muss den regulatorischen Rahmenbedingungen der FDA entsprechen.

6. Herausforderungen und Chancen

Typische Herausforderungen umfassen Unterschiede in den regulatorischen Anforderungen, zusätzliche Dokumentationsanforderungen und die Notwendigkeit zusätzlicher klinischer Daten. Diese Probleme können zu Verzögerungen und erhöhten Kosten führen.

Erfolgreiche Strategien umfassen die frühzeitige Planung des Transferprozesses, die enge Zusammenarbeit mit regulatorischen Experten und die sorgfältige Anpassung der bestehenden Dokumentation an die Anforderungen der FDA. Ständige Überwachung von regulatorischen Updates und Änderungen ist essenziell, da diese die Anforderungen und Prozesse für die Zulassung beeinflussen können. Unternehmen sollten flexibel bleiben und ihre Strategien entsprechend anpassen.

7. Schlussfolgerung und Fazit

Der Transfer der Zulassungsstrategie von der Europäischen Medical Device Regulation (MDR) auf die Anforderungen der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) ist ein komplexer, aber machbarer Prozess. Beide regulatorischen Systeme haben das gleiche Ziel, nämlich die Sicherheit und Wirksamkeit von Medizinprodukten zu gewährleisten, doch sie unterscheiden sich in ihren spezifischen Anforderungen, Prozessen und Dokumentationsanforderungen. Der Erfolg eines solchen Transfers hängt von einer gründlichen Analyse der Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen MDR und FDA sowie von der sorgfältigen Anpassung der bestehenden Dokumentation und Prozesse ab.

Ein wichtiger Aspekt des Transfers ist die Identifikation von Synergien, bei denen bestehende Daten und Berichte aus dem MDR-Prozess genutzt werden können, um die Anforderungen der FDA zu erfüllen. Gleichzeitig müssen Hersteller die spezifischen Anforderungen der FDA berücksichtigen, einschließlich der Anpassung des Risikomanagements, der klinischen Bewertungen und der technischen Dokumentation. Die Implementierung eines robusten Qualitätsmanagementsystems gemäß 21 CFR Part 820 und die Einhaltung der Unique Device Identification (UDI) Anforderungen sind weitere kritische Elemente, die berücksichtigt werden müssen.

Hersteller, die diesen Weg gehen, sollten die folgenden Schlüsselstrategien berücksichtigen:

  • Frühzeitige Planung und Analyse der Unterschiede und Gemeinsamkeiten
  • Synergien der bestehenden Daten und Dokumentationen nutzen
  • Spezifische Anpassungen der Technischen Dokumentation vornehmen (z. B. Risikomanagement)
  • Qualitätsmanagementsystem im Hinblick auf die Anforderungen der FDA (21 CFR Part 820) überprüfen

Der Transfer der Zulassungsstrategie von der MDR auf den US-Markt stellt eine Herausforderung dar, bietet jedoch auch die Möglichkeit, den Marktzugang in den USA zu erweitern und das globale Wachstum zu fördern. Mit einer sorgfältigen und gut geplanten Strategie können Hersteller diesen Prozess erfolgreich meistern

8. Wie wir Ihnen helfen können

Gern unterstützen wir Sie im Hinblick auf einen erfolgreichen und effizienten Transfer Ihrer MDR-Zulassung auf den US-Markt. Es gilt zunächst, sich für ein unter der FDA geeignetes Zulassungsverfahren zu entscheiden. Wir erarbeiten dann mit Ihnen Strategien, mit denen Sie das Maximum aus Ihrer bisherigen Dokumentation sowie den vorhandenen klinischen Daten rausholen können, um diese kosten- und zeiteffizient an die regulatorischen Anforderungen auf dem US-Markt anzupassen.

Wir unterstützen Sie während Ihres kompletten Vorhabens mit Ihrem Medizinprodukt, beginnend bei einer kostenlosen Erstberatung, Hilfe bei der Einführung eines QM Systems, Studienplanung und Durchführung bis hin zur Technischen Dokumentation - immer mit primärem Bezug auf die klinischen Daten zum Produkt: von Anfang an bis zum Ende.

Haben Sie jetzt schon erste Fragen?

Eine kostenfreie Erstberatung erhalten Sie hier: kostenlose Erstberatung

Statistische Signifikanz vs. Äquivalenz: Was klinische Prüfungen wirklich zeigen

Bei medXteam stehen klinische Daten im Mittelpunkt. In diesem Kontext führen wir als CRO nicht nur klinische Prüfungen mit Medizinprodukten gemäß MDR und ISO 14155 durch, sondern bieten auch sämtliche weiteren Möglichkeiten und Formen der Datenerhebung und Produktzulassung sowie Marktüberwachung an. Im Fokus stehen bei klinischen Prüfungen die erhobenen Daten, die Auswertung der Daten sowie die Interpretation der Ergebnisse. Im Rahmen der Interpretation der Ergebnisse wird oft der Fehler gemacht, das Fehlen eines statistisch signifikanten Unterschieds zwischen zwei Behandlungen oder Produkten als Beweis für deren Äquivalenz zu interpretieren. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir, warum ein nicht signifikanter Unterschied nicht gleichbedeutend mit Äquivalenz ist und welche Konsequenzen dies für klinische Studien von Medizinprodukten haben kann.
 
Zugrundeliegende Regularien
 
EU-Verordnung 2017/745 (MDR)
ISO 14155
 
1. Einleitung
 
Ein wesentlicher Schritt nach der Erhebung von Daten in klinischen Prüfungen ist deren Auswertung. Hierbei spielt die Prüfung einer statistischen Signifikanz oder Äquivalenz eine entscheidende Rolle, abhängig vom Charakter der Studie und dem Untersuchungsziel. Statistische Signifikanz bezieht sich darauf, ob die beobachteten Ergebnisse wahrscheinlich auf einen echten Effekt zurückzuführen sind und nicht auf zufällige Schwankungen. Äquivalenz hingegen bedeutet, dass zwei Behandlungen oder Produkte als gleichwertig betrachtet werden können, da ihre Unterschiede klinisch nicht relevant sind.
 
2. Was bedeutet ein nicht signifikanter Unterschied?

Ein nicht signifikanter Unterschied in einer klinischen Studie bedeutet, dass der beobachtete Unterschied zwischen zwei Gruppen nicht groß genug ist, um mit statistischer Sicherheit zu behaupten, dass er nicht durch Zufall entstanden ist. Typischerweise wird ein p-Wert von über 0,05 als nicht signifikant betrachtet. Der p-Wert gibt an, wie wahrscheinlich es ist, dass die beobachteten Daten oder etwas Extremeres unter der Annahme der Nullhypothese auftreten. Das Signifikanzniveau (meistens 0,05) ist der Schwellenwert, bei dem der p-Wert als klein genug angesehen wird, um die Nullhypothese abzulehnen.

Beispiel:

Eine klinische Studie vergleicht ein neues Implantat mit einem bestehenden Implantat und findet einen p-Wert von 0,08. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der beobachtete Unterschied durch Zufall entstanden ist, höher als 5 % ist. Da der p-Wert über dem festgelegten Signifikanzniveau von 0,05 liegt, wird der Unterschied als nicht signifikant betrachtet.

3. Warum ist das nicht gleichbedeutend mit Äquivalenz?

Im Unterschied zur Überprüfung auf einen statistisch signifikanten Unterschied zielt die Äquivalenzprüfung hingegen darauf ab, zu zeigen, dass die Unterschiede zwischen zwei Behandlungen oder Produkten so gering sind, dass sie innerhalb eines klinisch akzeptablen Bereichs liegen. Dies wird durch spezifische Studiendesigns wie Äquivalenz- oder Nicht-Unterlegenheitsstudien erreicht.

Äquivalenzstudien:

Diese Studien setzen zwei vordefinierte Grenzen (Äquivalenzgrenzen), innerhalb derer die Unterschiede zwischen den Behandlungen liegen müssen, um als äquivalent zu gelten. Das Ziel ist es zu zeigen, dass die Effektivität oder Sicherheit des neuen Produkts nicht wesentlich von der des etablierten Produkts abweicht.

Nicht-Unterlegenheitsstudien:

Diese Studien prüfen, ob das neue Produkt nicht schlechter ist als das bestehende Produkt, indem sie nur eine untere Grenze festlegen, die das neue Produkt nicht überschreiten darf.

4. Unterschiede in der Methodik

4.1 Nullhypothese

Bei Tests auf statistisch signifikante Unterschiede lautet die Nullhypothese meist, dass es keinen Unterschied gibt. In Äquivalenzstudien lautet die Nullhypothese hingegen, dass die Behandlungen nicht äquivalent sind. Die Studie muss genügend Beweise liefern, um diese Nullhypothese zu widerlegen.

Bei beiden Arten von Studien spielen statistische Signifikanztests eine zentrale Rolle, jedoch unterscheiden sich die Zielsetzungen und die Interpretation der Ergebnisse. In klassischen Tests auf statistische Signifikanz sucht man nach einem Beweis, dass ein beobachteter Unterschied nicht durch Zufall zustande gekommen ist. Die Nullhypothese wird verworfen, wenn ein statistisch signifikanter Unterschied festgestellt wird (p-Wert < α).

In Äquivalenzstudien hingegen wird die Nullhypothese aufgestellt, dass die Behandlungen nicht äquivalent sind (d.h., dass es einen bedeutenden Unterschied gibt). Um diese Nullhypothese zu widerlegen, muss die Studie zeigen, dass die Unterschiede zwischen den Behandlungen so klein sind, dass sie innerhalb eines vordefinierten Äquivalenzbereichs liegen. Auch hier wird die statistische Signifikanz geprüft, allerdings wird ein anderes Konfidenzintervall verwendet. Die Ergebnisse müssen zeigen, dass das Konfidenzintervall des Unterschieds vollständig innerhalb des Äquivalenzbereichs liegt, um statistische Signifikanz in Bezug auf Äquivalenz zu erreichen.

In beiden Fällen wird also statistische Signifikanz verwendet, jedoch mit unterschiedlichen Zielen und Interpretationen.

4.2 Konfidenzintervalle

Während bei der Prüfung auf signifikante Unterschiede Konfidenzintervalle genutzt werden, um die Unsicherheit der Schätzung zu zeigen, werden in Äquivalenzstudien Konfidenzintervalle genutzt, um zu prüfen, ob sie innerhalb der festgelegten Äquivalenzgrenzen liegen. Wenn das gesamte Konfidenzintervall innerhalb dieser Grenzen liegt, kann Äquivalenz angenommen werden.

Diese Unterschiede in der Methodik machen deutlich, dass das bloße Fehlen eines statistisch signifikanten Unterschieds nicht ausreicht, um Äquivalenz zu beweisen. Es gibt weitere Faktoren, die berücksichtigt werden müssen, um eine korrekte Interpretation der Studienergebnisse zu gewährleisten.

4.3 Mangelnde Power der Studie

Eine Studie mit einer kleinen Stichprobengröße oder unzureichender Power können wahre Unterschiede übersehen werden. Das Fehlen eines signifikanten Unterschieds kann daher einfach darauf zurückzuführen sein, dass die Studie nicht ausreichend war, um diesen Unterschied zu erkennen. Hier kommt die Fallzahlplanung ins Spiel: Eine sorgfältige Fallzahlplanung ist entscheidend, um die Power der Studie sicherzustellen. Die Power einer Studie beschreibt die Wahrscheinlichkeit, dass die Studie einen echten Effekt entdeckt, wenn dieser tatsächlich existiert. Ohne eine angemessene Fallzahlplanung besteht das Risiko, dass eine Studie aufgrund zu geringer Teilnehmerzahl nicht in der Lage ist, signifikante Unterschiede zu erkennen, selbst wenn sie existieren.

4.4 Konfidenzintervalle und Unsicherheit der Schätzung

Ein nicht signifikanter Unterschied kann mit breiten Konfidenzintervallen einhergehen, die sowohl für klinisch bedeutsame Unterschiede als auch für keine Unterschiede sprechen können. Dies zeigt die Unsicherheit der Schätzung und deutet nicht auf Äquivalenz hin.

4.5 Falsche Nullhypothese

Die Nullhypothese in den meisten Studien lautet, dass es keinen Unterschied gibt. Das Nicht-Zurückweisen dieser Nullhypothese bedeutet nicht, dass bewiesen wurde, dass es keinen Unterschied gibt, sondern nur, dass nicht genügend Beweise vorliegen, um das Gegenteil zu behaupten.

5. Beispiele der Problematik in klinischen Prüfungen von Medizinprodukten

5.1 Vergleich zweier Implantate

In einer Studie zur Bewertung eines neuen Hüftimplantats im Vergleich zu einem etablierten Produkt findet sich ein p-Wert von 0,06. Obwohl der Unterschied nicht statistisch signifikant ist, könnte das neue Implantat immer noch weniger effektiv oder sicher sein. Ein breites Konfidenzintervall könnte von einer großen Überlegenheit bis hin zu einer deutlichen Unterlegenheit reichen.

5.2 Bewertung eines neuen Diagnosegeräts

Ein neues Diagnosegerät wird gegen ein Standardgerät getestet, und die Ergebnisse zeigen einen p-Wert von 0,09. Dies bedeutet nicht, dass beide Geräte gleich gut sind, sondern nur, dass die Studie nicht ausreichend Beweise gefunden hat, um einen Unterschied festzustellen. Möglicherweise ist die Studie nicht ausreichend groß, um kleine, aber klinisch relevante Unterschiede zu erkennen.

6. Wie sollte Äquivalenz geprüft werden?

6.1 Äquivalenz- und Nicht-Unterlegenheitsstudien

Um Äquivalenz zu prüfen, müssen spezifische Studiendesigns wie Äquivalenz- oder Nicht-Unterlegenheitsstudien verwendet werden. Diese Studien haben spezifische Hypothesen und statistische Methoden, um zu zeigen, dass die Unterschiede zwischen den Behandlungen innerhalb einer vordefinierten Toleranzgrenze liegen.

Beispiel:

Eine Äquivalenzstudie könnte definieren, dass das neue Implantat klinisch äquivalent ist, wenn der Unterschied in der Funktionalität innerhalb eines Bereichs von ± 2 % im Vergleich zum Standardimplantat liegt.

6.2 Konfidenzintervalle und Äquivalenzgrenzen

Anstatt nur auf p-Werte zu schauen, sollten auch Konfidenzintervalle betrachtet werden. Wenn das gesamte Konfidenzintervall innerhalb der vordefinierten Äquivalenzgrenzen liegt, kann Äquivalenz angenommen werden.

7. Praktische Schritte zur Vermeidung von Missverständnissen

Klares Studiendesign:

Die Studie sollte klar definieren, ob sie darauf abzielt, Unterschiede zu finden (Überlegenheitsstudie) oder Äquivalenz bzw. Nicht-Unterlegenheit zu beweisen. Dies beeinflusst die Wahl der statistischen Methoden und die Interpretation der Ergebnisse.

Angemessene Stichprobengröße:

Eine ausreichende Stichprobengröße ist entscheidend, um die Power der Studie sicherzustellen. Dies hilft, echte Unterschiede zu erkennen und falsch-negative Ergebnisse zu vermeiden.

Vordefinierte Äquivalenzgrenzen:

Vor Beginn der Studie sollten klare Äquivalenzgrenzen festgelegt werden, basierend auf klinischen Überlegungen. Dies hilft, die klinische Relevanz der Ergebnisse besser zu bewerten.

8. Fazit

Das Fehlen eines statistisch signifikanten Unterschieds in klinischen Studien bedeutet nicht automatisch, dass die getesteten Medizinprodukte äquivalent sind. Um Äquivalenz nachzuweisen, sind spezifische Studiendesigns und statistische Methoden erforderlich. Eine sorgfältige Planung und Interpretation der Studienergebnisse sind entscheidend, um die tatsächliche Wirksamkeit und Sicherheit von Medizinprodukten zu bewerten. Nur so können wir sicherstellen, dass neue Produkte den hohen Standards der klinischen Praxis entsprechen und echten Nutzen für die Patienten bieten.

9. Wie wir Ihnen helfen können

Unsere Statistiker begleiten Sie von der Datenerhebung über die Analyse bis hin zur Interpretation der Ergebnisse.  Seien Sie auf der sicheren Seite.

Als CRO unterstützen wir Sie über den gesamten Prozess der Generierung und Bewertung klinischer Daten und bei der Zulassung und Marktüberwachung Ihres Produkts. Und dabei beginnen wir mit der klinischen Strategie! Außerdem erstellen wir die komplette klinische Bewertungsakte für Sie.

Im Falle von klinischen Prüfungen überlegen wir gemeinsam mit Ihnen, ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss. Das klären wir im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

Wenn eine klinische Prüfung durchgeführt werden soll, müssen zuvor grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllt sein. Die Daten aus der klinischen Prüfung münden dann in die klinische Bewertung, die wiederum die Basis für Post-Market-Clinical-Follow-up (PMCF)-Aktivitäten (ggf. einschließlich einer PMCF-Studie) darstellt.

Außerdem benötigen alle Hersteller von Medizinprodukten ein Qualitätsmanagement system (QMS), auch bei der Entwicklung von Produkten der Klasse I.

Wir unterstützen Sie während Ihres kompletten Vorhabens mit Ihrem Medizinprodukt, beginnend bei einer kostenlosen Erstberatung, Hilfe bei der Einführung eines QM Systems, Studienplanung und Durchführung bis hin zur Technischen Dokumentation - immer mit primärem Bezug auf die klinischen Daten zum Produkt: von Anfang an bis zum Ende.

Haben Sie jetzt schon erste Fragen?

Eine kostenfreie Erstberatung erhalten Sie hier: kostenlose Erstberatung

Wie wird eine klinische Bewertung basierend auf Leistungsdaten erstellt?

Bei medXteam stehen klinische Daten im Mittelpunkt. In diesem Kontext führen wir als CRO nicht nur klinische Prüfungen mit Medizinprodukten gemäß MDR und ISO 14155 durch, sondern bieten auch sämtliche weiteren Möglichkeiten und Formen der Datenerhebung und Produktzulassung sowie Marktüberwachung an. Im Fokus steht sowohl bei der Produktzulassung als auch im Rahmen der klinischen Nachbeobachtung immer die klinische Bewertung. Eine mögliche Route zur Erstellung der klinischen Bewertung basiert auf sogenannten Leistungsdaten. Wie kann eine solche klinische Bewertung durchgeführt werden? Welche Möglichkeiten gibt es, die klinische Evidenz zu erbringen? Und welche Rolle spielen dabei dennoch klinische Daten? In diesem Blogbeitrag gehen wir diesen Fragen nach und erklären dabei insbesondere, wann und wie diese Route der klinischen Bewertung angewendet werden kann.

Abkürzungen

MDR            Medical Device Regulation; EU-Verordnung 2017/745

PMCF           Post-Market Clinical Follow-up, klinische Nachbeobachtung

CEP             Clinical Evaluation Plan

CDP            Clinical Development Plan

Zugrundeliegende Regularien

EU-Verordnung 2017/745 (MDR)

1. Einleitung

Wie bereits im letzten Blogbeitrag beschrieben, bildet die klinische Bewertung für sämtliche Medizinprodukte - von Klasse I bis Klasse III - einen essenziellen Schritt für jeden Hersteller von Medizinprodukten. Das leitet sich aus Artikel 61 der EU-Verordnung 2017/745 (MDR) ab:

„Der Hersteller legt den Umfang des klinischen Nachweises fest und begründet ihn, um die Erfüllung der relevanten grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen nachzuweisen. Der Umfang des klinischen Nachweises muss den Merkmalen des Produkts und dessen Zweckbestimmung angemessen sein. Zu diesem Zweck führen Hersteller eine klinische Bewertung gemäß diesem Artikel und Anhang XIV Teil A durch, planen und dokumentieren diese.“

Wenn nun während der Planung im CEP die Route „Leistungsdaten“ festgelegt wurde, sind dennoch alle Anforderungen an den Prozess und an die Erstellung der klinischen Bewertung, die sich aus der MDR und auch noch aus der MEDDEV 2.7/1 Rev. 4 ergeben, einzuhalten. Wie das funktioniert: Darauf gibt nun dieser Blog-Beitrag die entsprechenden Antworten.

2. Die Route über Leistungsdaten

Der Weg, die klinische Leistung eines Produkts über Leistungsdaten nachzuweisen, war schon immer möglich und bleibt es auch weiterhin unter der MDR (Artikel 61):

Wird der Nachweis der Übereinstimmung mit grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen auf der Grundlage klinischer Daten für ungeeignet erachtet, ist jede solche Ausnahme auf der Grundlage des Risikomanagements des Herstellers und unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Zusammenspiels zwischen dem Produkt und dem menschlichen Körper, der bezweckten klinischen Leistung und der Angaben des Herstellers angemessen zu begründen; dies gilt unbeschadet des Absatzes 4. In diesem Fall muss der Hersteller in der technischen Dokumentation gemäß Anhang II gebührend begründen, warum er den Nachweis der Übereinstimmung mit grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen allein auf der Grundlage der Ergebnisse nichtklinischer Testmethoden, einschließlich Leistungsbewertung, technischer Prüfung („bench testing“) und vorklinischer Bewertung, für geeignet hält.“

Die Entscheidung stützt sich auf verschiedene Aspekte:

  • das Resultat des Risikomanagements
  • die Eigenschaften der Interaktion zwischen Produkt und Körper
  • der Beleg für die Leistung basierend auf Produktevaluierungen (technisch, in-vitro)
  • das Resultat der vorklinischen Bewertung (anfängliche Literaturrecherche, Verifizierungstests etc.)

Diese Entscheidung muss im Plan für die klinische Bewertung angemessen erklärt und dokumentiert werden.

Diese Route wird bevorzugt, wenn eine klinische Prüfung wenig Vorteil bietet. Ein typisches Beispiel dafür ist der Holzmundspatel, für den klinische Daten in der Literatur nicht existieren. In solchen Fällen zeigen technische Daten wie Bruchfestigkeit und Verarbeitung die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Produkts an.

Mit der immer weniger möglichen und anwendbaren Äquivalenzroute entwickelt sich diese basierend auf Leistungsdaten immer mehr zum neuen Standard, wenn nicht eigene klinische Daten generiert werden müssen.

Im Folgenden nun Beispiele, wann diese Route durchaus Sinn macht:

2.1 Beispiel – Medizinische Software

Die meisten Software-Produkte (Klasse I und IIa) sind Beispiele für Produkte, bei denen der Weg über Leistungsdaten sinnvoll ist. Die Begründung für diese Entscheidung ist wie folgt:

Das Produkt wurde im Rahmen des Software-Lebenszyklusprozesses gemäß IEC 62304 umfassend verifiziert, und alle Tests wurden erfolgreich abgeschlossen. Die Tests umfassten Unit-Tests, Integrationstests, Systemtests und Usability-Tests. Basierend auf diesen Tests kann gezeigt werden, dass das Produkt effektiv funktioniert.

Gemäß MDCG-2020-1 (Guidance on Clinical Evaluation (MDR)/Performance Evaluation (IVDR) of Medical Device Software) wird die wissenschaftliche Validität als das Ausmaß definiert, in dem der Output des Software-Produkts auf der Grundlage der ausgewählten Inputs und Algorithmen mit dem angestrebten physiologischen Zustand oder der klinischen Erkrankung assoziiert ist. Um den Nachweis der wissenschaftlichen Validität zu erbringen, wird eine Literatursuche durchgeführt, die auch den Nachweis des Nutzens gemäß der MDR sowie die Ermittlung des State-of-the-Arts und die Identifizierung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Medizinprodukts beinhaltet.

Die klinisch relevanten Komponenten des Systems sind die Implementierungen der Algorithmen/Fragebögen zur Diagnose oder zum Therapieverlauf. Die Literaturrecherche konzentriert sich auf Scores/Erkennungsalgorithmen sowie auf den allgemeinen Einsatz digitaler Produkte in der Diagnose/Therapie der genannten Indikationen.

Tabelle 1: Klinische Bewertung eines Softwareproduktes

2.2 Beispiel – Zahnarztstuhl

Ein weiteres Produkt, dessen klinische Leistung, Sicherheit und Nutzen gut über Leistungsdaten bewertet werden können und für das eine klinische Prüfung keinen Sinn ergibt, ist die dentale Behandlungseinheit: der Zahnarztstuhl.

Solche Produkte sind aktive Medizinprodukte, die zur Behandlung von Kindern und Erwachsenen im zahnmedizinischen Bereich dienen. Diese Produkte sind zahnärztliche Behandlungsgeräte nach ISO 7494 mit einem zahnärztlichen Patientenstuhl nach ISO 6875. Sie sind ausschließlich für den Einsatz in der Zahnheilkunde vorgesehen und dürfen nur von medizinischem Fachpersonal bedient werden. Die dentale Behandlungseinheit wird als Hilfsmittel zur Patientenlagerung und zur Behandlung im dentalmedizinischen Bereich eingesetzt. Abhängig davon, ob Dentalinstrumente Teil dieser Behandlungseinheit sind und wenn ja, welche, werden diese Produkte in die Klasse IIa oder IIb eingestuft.

Aufgrund der klaren Zweckbestimmung dieser Produkte erübrigt sich die Frage, ob eine klinische Prüfung am Menschen durchgeführt werden soll. Die Behauptungen zum Produkt beziehen sich auf die Ergonomie sowohl für den Patienten als auch für den Behandler und Anwender des Produkts. Außerdem wird ein effizientes und einfaches Arbeiten hervorgehoben, und vorgeschriebene Verfahren sowie unterstützende Komponenten dienen der Erleichterung der Infektionskontrolle und der Aufrechterhaltung der Wasserqualität. Diese Aussagen sind keine geeigneten Endpunkte für eine klinische Prüfung. Sie können jedoch mit Leistungsdaten belegt werden. Zum Beispiel kann das Thema Ergonomie und einfache Anwendung über den Test zur Gebrauchstauglichkeit (DIN EN 62366-1) belegt werden. Die Einhaltung der jeweiligen Normen und Vorschriften zur Wasserhygiene und -qualität bestätigt ebenfalls diese Behauptungen zum Produkt. Die Begründung für die Wahl des Weges über Leistungsdaten ist hier nun in Tabelle 2 aufgeführt:

Tabelle 2: Klinische Bewertung eines aktiven Produkts

2.3 Beispiel – Herzrhythmus Detektor

Ein weiteres Beispiel ist ein Klasse IIa-Produkt, das Episoden von unregelmäßigem Herzrhythmus, die auf Vorhofflimmern hinweisen, durch Langzeitüberwachung der Pulsparameter über mehrere Tage bis zu vier Wochen erkennen kann. Es unterstützt somit die Diagnose, indem es Hinweise auf Vorhofflimmern liefert.

Diesem Produkt liegt eine eingebettete Software zugrunde, über deren Algorithmus die Episoden erkannt und entsprechend angezeigt werden. Die Verifizierung und Validierung der Software liefert bereits entscheidende Daten zur Funktionsweise dieses Medizinprodukts. Trotz der Möglichkeit, eine klinische Prüfung am Menschen durchzuführen, müssen auch ethische Bedenken berücksichtigt werden. Eine Ethikkommission prüft genau diese Aspekte. Es gibt jedoch alternative Wege, um klinische Daten zur Erfüllung der klinischen Leistung und Funktion des Produkts zu generieren. Beispielsweise können Episoden über Simulationstests eingespielt werden, um zu überprüfen, ob der Algorithmus sie korrekt erkennt. Auch hier bedarf es keiner Humanstudie, um diesen Nachweis zu erbringen. Die Begründung für diese Route ist in der folgenden Tabelle aufgeführt:

Tabelle 3: Klinische Bewertung Herzrhythmus-Detektor

2.4 Beispiel – Dentalimplantat

Selbst mit einem implantierbaren Produkt kann dies ein gangbarer Weg sein, wie unser letztes Beispiel aus der Zahntechnik zeigt: Die Titanbasis ist ein Teil eines Dentalimplantats, ein implantierbares Medizinprodukt der Klasse IIb. Die Titanbasis dient der Herstellung eines individuell angefertigten implantatprothetischen Aufbaus. Sie stellt nach dem Verkleben mit einem CAD/CAM gefrästen Aufbau das Verbindungselement zum Implantat dar. Sie kann auch einzeln vertrieben werden, sodass auch für dieses Produkt eine klinische Bewertung erstellt werden muss.

Bei der Durchführung einer Literatursuche im Bereich der Dentalimplantate stößt man schnell auf die Grenzen solcher Systemkomponenten. Denn es gibt noch keine Humanstudie, die ausschließlich die Titanbasis als Prüfprodukt untersucht hat. Publiziert wurden lediglich In-vitro-Studien oder Studien zu Materialeigenschaften (Titan) usw. Wie die Wahl der Route über Leistungsdaten in diesem Fall begründet wird, ist in Tabelle 4 aufgeführt:

Tabelle 4: Klinische Bewertung Titanbasis

3. Aufbau und Struktur einer klinischen Bewertung basierend auf Leistungsdaten

Eine klinische Bewertung basierend auf Leistungsdaten hat im Wesentlichen dieselbe Struktur und den gleichen Aufbau wie eine herkömmliche klinische Bewertung der anderen beiden Routen. Sie beinhaltet deshalb auch die Durchführung einer Literatursuche.

Der Unterschied besteht darin, dass es einen umfangreicheren Abschnitt zu vorhandenen Leistungs-/Verifizierungsdaten gibt und einen Abschnitt zur Begründung gemäß Art. 61 (10) der MDR. Dies bedeutet, dass diese Route auf der Grundlage des Risikomanagements des Herstellers und unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Zusammenspiels zwischen dem Produkt und dem menschlichen Körper, der bezweckten klinischen Leistung und der Angaben des Herstellers angemessen zu begründen ist. Dies wird in Form der obigen Beispiele in einem speziellen Abschnitt der klinischen Bewertung dokumentiert.

4. Vorgehen bei dieser Route basierend auf Leistungsdaten

Eine klinische Bewertung basierend auf Leistungsdaten beginnt also konsequenterweise zunächst mit einer ausführlichen Betrachtung der präklinischen Daten, auch Verifizierungs- oder Leistungsdaten genannt.

Diese Daten bilden bei dieser Route die Datenbasis und liefern wichtige Informationen über die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Medizinprodukts. Das ist der Gegenstand der weiteren Bewertung.

4.1 Messbare Parameter

Bei der Erstellung einer klinischen Bewertung basierend auf Leistungsdaten ist deshalb genauso wichtig wie bei den anderen Routen, eine Liste von Claims zum Produkt zu erstellen, insbesondere in Bezug auf die Leistung:

Damit ist eine „nichterschöpfende Liste und Spezifizierung der Parameter zur auf dem neuesten medizinischen Kenntnisstand beruhenden Bestimmung der Vertretbarkeit des Nutzen-Risiko-Verhältnisses für die verschiedenen Indikationen und die Zweckbestimmung bzw. Zweckbestimmungen des Produkts“ gemeint. (Anhang XIV, Teil A, 1(a) der MDR)

Diese Claims sollten somit messbare Parameter enthalten, die sich hauptsächlich aus den Leistungsdaten ableiten. Wie bereits erwähnt, geben diese Daten wichtige Aufschlüsse über die Sicherheit und Wirksamkeit des Medizinprodukts und sind die Basis für die weitere Beurteilung. Diese Daten sind zu dokumentieren, zu analysieren und dann gründlich auszuwerten.

Der Nachweis der messbaren Parameter ist ein wichtiger Bestandteil der klinischen Bewertung eines Medizinprodukts. Er resultiert aus klinischen Daten im State-of-the-Art-Teil der klinischen Bewertung sowie den Verifizierungs-/Leistungsdaten zum Produkt. Diese Daten bilden die Basis für die Beurteilung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Produkts. Durch die sorgfältige Analyse und Bewertung dieser Daten können fundierte Schlussfolgerungen über die klinische Leistung und Sicherheit des Produkts gezogen werden.

4.2 Ähnliche Produkte

Bei der Erstellung einer klinischen Bewertung basierend auf Leistungsdaten spielt die Berücksichtigung ähnlicher Produkte eine wichtige Rolle. Der Hersteller sollte eine Liste ähnlicher Produkte erstellen und prüfen, ob klinische Daten für diese Produkte verfügbar sind. Diese Daten können relevante Informationen zur Sicherheit und Leistung des zu bewertenden Geräts liefern. Es ist wichtig, dass der Hersteller eine angemessene Suche in der wissenschaftlichen Literatur, in diesem Fall im Rahmen der State-of-the-Art-Literatursuche (s. unten), durchführt, um sicherzustellen, dass alle relevanten Daten berücksichtigt werden.

Wenn klinische Daten für ähnliche Produkte verfügbar sind, sollten diese in die klinische Bewertung aufgenommen und bewertet werden. Diese Daten können insbesondere für die Überwachung nach dem Inverkehrbringen / PMCF-Planung von Bedeutung sein (MDCG 2020-13)

4.3 Literatursuche

Auch bei der Erstellung einer klinischen Bewertung basierend auf Leistungsdaten spielt die Literatursuche eine wesentliche und wichtige Rolle:

Der Schwerpunkt sollte hier auf dem State of the Art liegen, wobei Daten zu ähnlichen oder Benchmark-Produkten, alternativen Anwendungen und Outcomes sowie messbare Parameter berücksichtigt werden sollten.

Wie bereits erwähnt, ist eine Liste von Claims zum Produkt zu erstellen, insbesondere in Bezug auf die Leistung, die messbare Parameter enthält, die sich hauptsächlich aus den Leistungsdaten ableiten.

Auf Grundlage der erstellten Liste der ähnlichen Produkte wird im Rahmen der Literatursuche geprüft, ob klinische Daten für diese Produkte verfügbar sind. Hierzu ist eine angemessene Suche in der wissenschaftlichen Literatur durchzuführen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Daten berücksichtigt werden.

In der Regel gibt es keine oder nur wenige Daten zum Produkt, deshalb spielen bei dieser Route State-of-the-Art-Daten die größte Rolle. Diese beziehen sich neben möglichen Daten zu ähnlichen Produkten auch auf alternative Anwendungen und deren Outcomes auch wieder in Bezug auf die messbaren Parameter.

Daraus lassen sich dann eben nicht nur messbare Parameter ableiten, sondern es können auch auch die Ergebnisse zum Produkt diskutiert werden basierend auf den Leistungsdaten in Bezug auf die messbaren Parameter im Abgleich mit dem State of the Art.

Eine gründliche Literatursuche, die sich auf State-of-the-Art-Daten konzentriert, kann somit dazu beitragen, die Sicherheit und Leistung des Produkts im Kontext der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu bewerten. Dies kann durch den Vergleich der Leistungsdaten des Produkts mit den Daten ähnlicher oder Benchmark-Produkte sowie durch die Berücksichtigung alternativer Anwendungen und deren Outcomes erreicht werden.

Es ist wichtig, dass dabei eine angemessene Suche in der wissenschaftlichen Literatur durchgeführt wird, um sicherzustellen, dass alle relevanten Daten berücksichtigt werden. Die Ergebnisse der Literatursuche sollten sorgfältig dokumentiert und analysiert werden, um fundiert die Sicherheit und Leistung des Produkts im Vergleich zum State of the Art zu diskutieren und um angemessene Schlussfolgerungen daraus ziehen zu können.

5. Schlussfolgerung

Die Route über Leistungsdaten wird immer mehr zum Standard neben der klinischen Bewertung mit eigenen klinischen Daten. Der Schwerpunkt liegt hier auf den Leistungsdaten und es müssen messbare Parameter definiert werden, die sich hauptsächlich aus den Leistungsdaten ableiten. Diese Daten sind wichtig, um die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Medizinprodukts zu beurteilen. Die Grundlage bildet auch hier eine umfassende Literatursuche, allerdings mit Schwerpunkt auf State of the Art, ähnliche Produkte und Anwendungen.

Eine gründliche Literatursuche, die sich auf State-of-the-Art-Daten konzentriert, kann somit dazu beitragen, die Sicherheit und Leistung des Produkts im Kontext der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu bewerten. Dies kann durch den Vergleich der Leistungsdaten des Produkts mit den Daten ähnlicher oder Benchmark-Produkte sowie durch die Berücksichtigung alternativer Anwendungen und deren Outcomes erreicht werden.

Dabei ist es wichtig, dass eine angemessene Suche in der wissenschaftlichen Literatur durchgeführt wird, um sicherzustellen, dass alle relevanten Daten berücksichtigt werden. Die Ergebnisse der Literatursuche sollten sorgfältig dokumentiert und analysiert werden, um fundiert die Sicherheit und Leistung des Produkts im Vergleich zum State of the Art zu diskutieren und um angemessene Schlussfolgerungen daraus ziehen zu können.

Dann resultiert auch bei dieser Route eine in sich stimmige und schlüssige klinische Bewertung gemäß den MDR-Anforderungen.

6. Wie wir Ihnen helfen können

Als CRO unterstützen wir Sie über den gesamten Prozess der Generierung und Bewertung klinischer Daten und bei der Zulassung und Marktüberwachung Ihres Produkts. Und dabei beginnen wir mit der klinischen Strategie! Außerdem erstellen wir die komplette klinische Bewertungsakte für Sie.

Im Falle von klinischen Prüfungen überlegen wir gemeinsam mit Ihnen, ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss. Das klären wir im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

Wenn eine klinische Prüfung durchgeführt werden soll, müssen zuvor grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllt sein. Die Daten aus der klinischen Prüfung münden dann in die klinische Bewertung, die wiederum die Basis für Post-Market-Clinical-Follow-up (PMCF)-Aktivitäten (ggf. einschließlich einer PMCF-Studie) darstellt.

Außerdem benötigen alle Hersteller von Medizinprodukten ein Qualitätsmanagement system (QMS), auch bei der Entwicklung von Produkten der Klasse I.

Wir unterstützen Sie während Ihres kompletten Vorhabens mit Ihrem Medizinprodukt, beginnend bei einer kostenlosen Erstberatung, Hilfe bei der Einführung eines QM Systems, Studienplanung und Durchführung bis hin zur Technischen Dokumentation - immer mit primärem Bezug auf die klinischen Daten zum Produkt: von Anfang an bis zum Ende.

Haben Sie jetzt schon erste Fragen?

Eine kostenfreie Erstberatung erhalten Sie hier: kostenlose Erstberatung

Welche Routen der klinischen Bewertung von Medizinprodukten gibt es?

Bei medXteam stehen klinische Daten im Mittelpunkt. In diesem Kontext führen wir als CRO nicht nur klinische Prüfungen mit Medizinprodukten gemäß MDR und ISO 14155 durch, sondern bieten auch sämtliche weiteren Möglichkeiten und Formen der Datenerhebung und Produktzulassung sowie Marktüberwachung an. Im Fokus steht sowohl bei der Produktzulassung als auch im Rahmen der klinischen Nachbeobachtung immer die klinische Bewertung. Doch wie kann eine klinische Bewertung durchgeführt werden? Welche Möglichkeiten gibt es, die klinische Evidenz zu erbringen? Und welche Rolle spielen dabei die verschiedenen Routen der klinischen Bewertung? In diesem Blogbeitrag gehen wir diesen Fragen nach und erklären dabei insbesondere, was die drei Routen der klinischen Bewertung bedeuten, wann sie angewendet werden können und wie sie sich auf verschiedene Produktgruppen auswirken.

Abkürzungen

MDR            Medical Device Regulation; EU-Verordnung 2017/745

PMCF           Post-Market Clinical Follow-up, klinische Nachbeobachtung

CEP             Clinical Evaluation Plan

CDP            Clinical Development Plan

Zugrundeliegende Regularien

EU-Verordnung 2017/745 (MDR)

1. Einleitung

Die klinische Bewertung bildet einen essenziellen Schritt für jeden Hersteller von Medizinprodukten. Es ist erforderlich, für jedes Medizinprodukt einen umfassenden klinischen Bewertungsbericht (engl. Clinical Evaluation Report, CER) zu erstellen, der eine gründliche Literaturrecherche beinhaltet. Bereits vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) war dies Standardverfahren. Gemäß Artikel 61 der MDR ist daher die Planung und Durchführung einer klinischen Bewertung für sämtliche Medizinprodukte - von Klasse I bis Klasse III - vorgeschrieben:

Der Hersteller legt den Umfang des klinischen Nachweises fest und begründet ihn, um die Erfüllung der relevanten grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen nachzuweisen. Der Umfang des klinischen Nachweises muss den Merkmalen des Produkts und seiner Zweckbestimmung angemessen sein. Zu diesem Zweck führen Hersteller eine klinische Bewertung gemäß diesem Artikel und Anhang XIV Teil A durch, planen sie und dokumentieren sie.“ (Siehe Artikel 61 der MDR)

Dieser Prozess beginnt bereits früh im Entwicklungsprozess. Der Plan für die klinische Bewertung (engl. Clinical Evaluation Plan, CEP) wird in der Regel kurz nach der Festlegung der Produktidee, der Zweckbestimmung und der initialen Gefährdungsanalyse des Medizinprodukts erstellt.

Während der Planung im CEP wird die Route festgelegt, welche Daten für die klinische Bewertung einbezogen werden sollen. Dazu gehören initiale Literaturrecherchen abhängig vom definierten Produkt sowie eine Marktbewertung in Bezug auf ähnliche Produkte und möglicherweise vorhandene klinische Daten in Publikationen und zum Stand der Technik im Anwendungsgebiet des Medizinprodukts.

Diese Informationen ermöglichen es, eine klinische Strategie für das Produkt festzulegen und diese im klinischen Entwicklungsplan (engl. Clinical Development Plan, CDP) festzuhalten.

Der frühe Zeitpunkt ist entscheidend, da die klinische Strategie und die daraus resultierende Route für die klinische Bewertung erheblichen Einfluss auf Zeit und Kosten des gesamten Entwicklungsprojekts haben. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob eine klinische Prüfung noch in den Validierungspart integriert werden muss. Dies kann den Abschluss des Konformitätsbewertungsverfahrens und die CE-Kennzeichnung des Medizinprodukts um Jahre verzögern.

Die frühzeitige Planung ist auch deshalb wichtig, da sich dadurch die Zweckbestimmung noch ändern kann. Da diese die Grundlage des Entwicklungsprozesses bildet, können Änderungen zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt erhebliche Auswirkungen auf Zeit und Kosten des Projekts haben. (siehe hierzu auch unser Blog-Beitrag zur klinischen Strategie)

Daher sollte sich jeder Hersteller so früh wie möglich mit folgenden Fragen befassen:

Welche Produktklasse hat das Medizinprodukt? Für implantierbare Produkte der Klasse IIb und alle Klasse III Produkte ist nach unserer Erfahrung der Weg über eigene klinische Daten unumgänglich.

Wo liegt der Unterschied zu existierenden Produkten? Der Innovationsgrad des Produkts ist hier entscheidend.

Auf diese Fragen gibt nun dieser Blog-Beitrag die entsprechenden Antworten.

2. Die 3 Routen der klinischen Bewertung

Gemäß der MDR bezeichnet die klinische Bewertung einen strukturierten und geplanten Prozess zur fortlaufenden Generierung, Sammlung, Analyse und Bewertung von klinischen Daten eines Produkts, um dessen Sicherheit, Leistung und den klinischen Nutzen bei vorgesehener Verwendung durch den Hersteller zu überprüfen (MDR Art. 2, Satz 44). Klinische Daten werden wie folgt definiert:„Klinische Daten“ sind Informationen über die Sicherheit oder Leistung eines Produkts, die während seiner Anwendung gewonnen werden und aus verschiedenen Quellen stammen können (MDR Art. 2, Satz 48):

Klinische Studien des betreffenden Produkts.

  • Klinische Studien oder andere Studien in der wissenschaftlichen Fachliteratur, die die Ähnlichkeit mit dem betreffenden Produkt nachweisen können.
  • Berichte über klinische Erfahrungen mit dem Produkt oder ähnlichen Produkten, die nach dem Peer-Review-Verfahren in der wissenschaftlichen Fachliteratur veröffentlicht wurden.
  • Klinisch relevante Informationen aus der Post-Marketing-Überwachung, einschließlich der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen.

Daraus ergeben sich drei mögliche Routen für die klinische Bewertung:

Eigene klinische Daten: Diese Route beinhaltet die Durchführung einer klinischen Studie mit dem betreffenden Produkt gemäß Artikel 62 der MDR, was eine sorgfältige Planung und Durchführung erfordert.

Klinische Daten zu äquivalenten Produkten: Hier werden klinische Daten zu ähnlichen Produkten aus der Fachliteratur verwendet oder es liegt bereits eine klinische Studie mit einem äquivalenten Produkt vor.

Verwendung von Leistungsdaten: Diese Route wird angewendet, wenn eine klinische Studie am Menschen nicht möglich oder sinnvoll ist. Stattdessen werden Leistungsdaten, auch Verifikationsdaten genannt, verwendet. Diese Daten basieren auf nichtklinischen Testmethoden, einschließlich Leistungsbewertung, technischer Prüfung und vorklinischer Bewertung.

Abb. 1 Die drei Routen der klinischen Bewertung

Es ist wichtig zu beachten, dass die dritte Route, obwohl in der MDR spezifiziert, bereits in der Richtlinie 93/42/EWG, MDD ähnlich festgelegt wurde. In den folgenden Abschnitten werden alle drei Routen im Detail beschrieben, wobei besonders auf die dritte Route eingegangen wird.

2.1 Eigene klinische Daten

Insbesondere für implantierbare Medizinprodukte der Klasse IIb stellt die Generierung eigener klinischer Daten unter der MDR die vorherrschende Methode dar. Während unter der Richtlinie 93/42/EWG die klinische Bewertung für diese Produkte noch über klinische Daten zu äquivalenten Produkten erfolgen konnte, ist dieser Ansatz unter den massiv verschärften Anforderungen der MDR nicht mehr möglich. Insbesondere die Voraussetzung, einen Vertrag mit dem Hersteller des potenziell äquivalenten Produkts abzuschließen, um vollständigen Zugang zu dessen technischer Dokumentation zu erhalten (MDR, Art. 61, Abschn. 5), schließt die Option der Nutzung äquivalenter Produkte vollständig aus:

Ein Hersteller eines Produkts, das nachweislich einem bereits in Verkehr gebrachten, nicht von ihm hergestellten Produkt gleichartig ist, kann sich ebenfalls auf Absatz 4 berufen, um keine klinische Prüfung durchführen zu müssen, sofern zusätzlich zu den Anforderungen des genannten Absatzes die folgenden Bedingungen erfüllt sind: – Die beiden Hersteller haben einen Vertrag geschlossen, in dem dem Hersteller des zweiten Produkts ausdrücklich der uneingeschränkte Zugang zur technischen Dokumentation durchgängig gestattet wird, (…)“

Dieser Weg über eigene klinische Daten ist nicht nur für implantierbare Produkte der Klasse IIb und Klasse III obligatorisch, sondern auch für innovative Produkte mit klinischen Behauptungen zur Nutzen oder Wirksamkeit des Produkts. Für solche innovativen Produkte gibt es in der Regel keine äquivalenten Produkte, und die Route über Leistungs-/Verifizierungsdaten kann ebenfalls nicht gewählt werden, da klinische Behauptungen zwingend durch eigene klinische Daten nachgewiesen werden müssen.

Ein konkretes Beispiel wäre ein Produkt, dessen klinischer Nutzen die Reduktion von Schmerzen oder die Verbesserung der Lebensqualität ist. Die Wahl des Weges für die klinische Bewertung hängt hier vom Innovationsgrad des Produkts ab, unabhängig von dessen Klassifizierung. Dies kann sogar für Produkte der Klasse I gelten.

2.2 Die Äquivalenzroute

Unter der Richtlinie 93/42/EWG, MDD bzw. vor der Einführung der MDR galt die Äquivalenzroute als Standardverfahren – der sogenannte Goldstandard – für klinische Bewertungen. Wenn man jedoch klinische Daten zu einem äquivalenten Produkt nutzen möchte, um die Behauptungen zur Sicherheit, klinischen Leistung und klinischen Nutzen des eigenen Produkts zu untermauern, muss zunächst durch eine Literatursuche festgestellt werden, ob überhaupt klinische Daten zu diesem Produkt verfügbar sind. Ist dies nicht der Fall, ist eine obligatorische Äquivalenzbewertung nicht möglich. Liegen Daten zu diesem potenziellen Äquivalenzprodukt vor, dann wird in einem solchen Fall zunächst analysiert, ob das potenzielle Äquivalenzprodukt tatsächlich gleichwertig ist. Früher wurden für diese Analyse Bewertungskriterien verwendet, die bis zum Inkrafttreten der MDR im Mai 2021 im Leitfaden MEDDEV 2.7/1 Rev. 4.3 für klinische Bewertungen festgehalten waren.

Diese Kriterien zielten auf die klinischen, technischen und biologischen Eigenschaften des Äquivalenzprodukts ab, die mit dem eigenen Produkt verglichen wurden, um festzustellen, ob sie in einigen Aspekten gleich oder nur ähnlich sind. Beispielsweise mussten sie möglicherweise für dieselben Indikationen eingesetzt werden (klinische Merkmale), während technische Merkmale wie Durchmesser und Größe ähnlich sein konnten.

Mit der Einführung der MDR und des zugehörigen MDCG-Dokuments 2020-05 („Clinical Evaluation – Equivalence: A guide for manufacturers and notified bodies“) wurden diese Kriterien drastisch verschärft. Insbesondere im Hinblick auf die technische und biologische Äquivalenz müssen die Produkte in ihren Merkmalen nun deutlich häufiger identisch sein als zuvor. Beispielsweise erfordert die Bewertung der Äquivalenz bei einer Software als Medizinprodukt möglicherweise den Zugang zu vollständigen Algorithmen und Source Codes der anderen Software, wobei diese Merkmale dann identisch sein müssten. Bei stofflichen Medizinprodukten müssen beide Produkte aus genau denselben Stoffen bestehen und in derselben Konzentration vorliegen, und auch die Produktrückstände müssen identisch sein.

Solche detaillierten Daten zum potenziellen Äquivalenzprodukt liegen in der Regel nicht vor, da niemand Zugriff auf solche Details einer Software oder exakten stofflichen Konzentrationen und Rückstände eines Produkts hat. Und genau das erschwert zunehmend die Äquivalenzroute bzw. macht sie gar unmöglich.

2.3 Leistungsdaten

Der Weg, die klinische Leistung eines Produkts über Leistungsdaten nachzuweisen, war schon immer möglich und bleibt es auch weiterhin unter der MDR (Artikel 61):

Wird der Nachweis der Übereinstimmung mit grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen auf der Grundlage klinischer Daten für ungeeignet erachtet, ist jede solche Ausnahme auf der Grundlage des Risikomanagements des Herstellers und unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Zusammenspiels zwischen dem Produkt und dem menschlichen Körper, der bezweckten klinischen Leistung und der Angaben des Herstellers angemessen zu begründen; dies gilt unbeschadet des Absatzes 4. In diesem Fall muss der Hersteller in der technischen Dokumentation gemäß Anhang II gebührend begründen, warum er den Nachweis der Übereinstimmung mit grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen allein auf der Grundlage der Ergebnisse nichtklinischer Testmethoden, einschließlich Leistungsbewertung, technischer Prüfung („bench testing“) und vorklinischer Bewertung, für geeignet hält.“

Die Entscheidung basiert auf verschiedenen Überlegungen:

  • dem Ergebnis des Risikomanagements
  • den Besonderheiten der Wechselwirkung zwischen Körper und Produkt
  • dem Nachweis der Leistungsfähigkeit basierend auf Produktprüfungen (technisch, in-vitro)
  • dem Ergebnis der vorklinischen Bewertung (initiale Literaturrecherche, Verifizierungstests usw.)

Diese Entscheidung muss im Plan für die klinische Bewertung angemessen begründet und dokumentiert werden.

Diese Route wird gewählt, wenn eine klinische Prüfung wenig Sinn ergibt. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der Mundspatel aus Holz, für den klinische Daten in der Literatur nicht verfügbar sind. In solchen Fällen belegen technische Daten wie Bruchfestigkeit und Verarbeitung die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Produkts.

Obwohl diese Route in der Vergangenheit weniger genutzt wurde, da sie oft weniger bekannt war und üblicherweise die Route über ein Äquivalenzprodukt genutzt wurde, ist sie für eine Vielzahl von Produkten geeignet.

2.3.1 Beispiel – Medizinische Software

Die meisten Software-Produkte (Klasse I und IIa) sind Beispiele für Produkte, bei denen der Weg über Leistungsdaten sinnvoll ist. Die Begründung für diese Entscheidung ist wie folgt:

Das Produkt wurde im Rahmen des Software-Lebenszyklusprozesses gemäß IEC 62304 umfassend verifiziert, und alle Tests wurden erfolgreich abgeschlossen. Die Tests umfassten Unit-Tests, Integrationstests, Systemtests und Usability-Tests. Basierend auf diesen Tests kann gezeigt werden, dass das Produkt effektiv funktioniert.

Gemäß MDCG-2020-1 (Guidance on Clinical Evaluation (MDR)/Performance Evaluation (IVDR) of Medical Device Software) wird die wissenschaftliche Validität als das Ausmaß definiert, in dem der Output des Software-Produkts auf der Grundlage der ausgewählten Inputs und Algorithmen mit dem angestrebten physiologischen Zustand oder der klinischen Erkrankung assoziiert ist. Um den Nachweis der wissenschaftlichen Validität zu erbringen, wird eine Literatursuche durchgeführt, die auch den Nachweis des Nutzens gemäß der MDR sowie die Ermittlung des State-of-the-Arts und die Identifizierung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Medizinprodukts beinhaltet.

Die klinisch relevanten Komponenten des Systems sind die Implementierungen der Algorithmen/Fragebögen zur Diagnose oder zum Therapieverlauf. Die Literaturrecherche konzentriert sich auf Scores/Erkennungsalgorithmen sowie auf den allgemeinen Einsatz digitaler Produkte in der Diagnose/Therapie der genannten Indikationen.

Tabelle 1: Klinische Bewertung eines Softwareproduktes

2.3.2 Beispiel – Zahnarztstuhl

Ein weiteres Produkt, dessen klinische Leistung, Sicherheit und Nutzen gut über Leistungsdaten bewertet werden können und für das eine klinische Prüfung keinen Sinn ergibt, ist die dentale Behandlungseinheit: der Zahnarztstuhl.

Solche Produkte sind aktive Medizinprodukte, die zur Behandlung von Kindern und Erwachsenen im zahnmedizinischen Bereich dienen. Diese Produkte sind zahnärztliche Behandlungsgeräte nach ISO 7494 mit einem zahnärztlichen Patientenstuhl nach ISO 6875. Sie sind ausschließlich für den Einsatz in der Zahnheilkunde vorgesehen und dürfen nur von medizinischem Fachpersonal bedient werden. Die dentale Behandlungseinheit wird als Hilfsmittel zur Patientenlagerung und zur Behandlung im dentalmedizinischen Bereich eingesetzt. Abhängig davon, ob Dentalinstrumente Teil dieser Behandlungseinheit sind und wenn ja, welche, werden diese Produkte in die Klasse IIa oder IIb eingestuft.

Aufgrund der klaren Zweckbestimmung dieser Produkte erübrigt sich die Frage, ob eine klinische Prüfung am Menschen durchgeführt werden soll. Die Behauptungen zum Produkt beziehen sich auf die Ergonomie sowohl für den Patienten als auch für den Behandler und Anwender des Produkts. Außerdem wird ein effizientes und einfaches Arbeiten hervorgehoben, und vorgeschriebene Verfahren sowie unterstützende Komponenten dienen der Erleichterung der Infektionskontrolle und der Aufrechterhaltung der Wasserqualität. Diese Aussagen sind keine geeigneten Endpunkte für eine klinische Prüfung. Sie können jedoch mit Leistungsdaten belegt werden. Zum Beispiel kann das Thema Ergonomie und einfache Anwendung über den Test zur Gebrauchstauglichkeit (DIN EN 62366-1) belegt werden. Die Einhaltung der jeweiligen Normen und Vorschriften zur Wasserhygiene und -qualität bestätigt ebenfalls diese Behauptungen zum Produkt. Die Begründung für die Wahl des Weges über Leistungsdaten ist hier nun in Tabelle 2 aufgeführt:

Tabelle 2: Klinische Bewertung eines aktiven Produkts

2.3.3 Beispiel – Herzrhythmus Detektor

Ein weiteres Beispiel ist ein Klasse IIa-Produkt, das Episoden von unregelmäßigem Herzrhythmus, die auf Vorhofflimmern hinweisen, durch Langzeitüberwachung der Pulsparameter über mehrere Tage bis zu vier Wochen erkennen kann. Es unterstützt somit die Diagnose, indem es Hinweise auf Vorhofflimmern liefert.

Diesem Produkt liegt eine eingebettete Software zugrunde, über deren Algorithmus die Episoden erkannt und entsprechend angezeigt werden. Die Verifizierung und Validierung der Software liefert bereits entscheidende Daten zur Funktionsweise dieses Medizinprodukts. Trotz der Möglichkeit, eine klinische Prüfung am Menschen durchzuführen, müssen auch ethische Bedenken berücksichtigt werden. Eine Ethikkommission prüft genau diese Aspekte. Es gibt jedoch alternative Wege, um klinische Daten zur Erfüllung der klinischen Leistung und Funktion des Produkts zu generieren. Beispielsweise können Episoden über Simulationstests eingespielt werden, um zu überprüfen, ob der Algorithmus sie korrekt erkennt. Auch hier bedarf es keiner Humanstudie, um diesen Nachweis zu erbringen. Die Begründung für diese Route ist in der folgenden Tabelle aufgeführt:

Tabelle 3: Klinische Bewertung Herzrhythmus-Detektor

2.3.4 Beispiel – Dentalimplantat

Selbst mit einem implantierbaren Produkt kann dies ein gangbarer Weg sein, wie unser letztes Beispiel aus der Zahntechnik zeigt: Die Titanbasis ist ein Teil eines Dentalimplantats, ein implantierbares Medizinprodukt der Klasse IIb. Die Titanbasis dient der Herstellung eines individuell angefertigten implantatprothetischen Aufbaus. Sie stellt nach dem Verkleben mit einem CAD/CAM gefrästen Aufbau das Verbindungselement zum Implantat dar. Sie kann auch einzeln vertrieben werden, sodass auch für dieses Produkt eine klinische Bewertung erstellt werden muss.

Bei der Durchführung einer Literatursuche im Bereich der Dentalimplantate stößt man schnell auf die Grenzen solcher Systemkomponenten. Denn es gibt noch keine Humanstudie, die ausschließlich die Titanbasis als Prüfprodukt untersucht hat. Publiziert wurden lediglich In-vitro-Studien oder Studien zu Materialeigenschaften (Titan) usw. Wie die Wahl der Route über Leistungsdaten in diesem Fall begründet wird, ist in Tabelle 4 aufgeführt:

Tabelle 4: Klinische Bewertung Titanbasis

2.3.5 Fazit aus den Beispielen

Bei all diesen Beispielen hat auch der Abschnitt zur klinischen Bewertung des Standes der Technik einen hohen Stellenwert. Viele Produkteigenschaften oder -funktionen und in vielen Fällen auch der klinische Nutzen lassen sich über Leitlinien, technische Dokumente sowie Standards belegen. Was bei diesen Beispielen ebenfalls unterstützend hinzukommt, ist die Datenerhebung im Rahmen der klinischen Nachbeobachtung (Post-Market Clinical Follow-up, PMCF) – nachdem das Produkt in Verkehr gebracht wurde und das CE-Kennzeichen trägt. Aus einer klinischen Bewertung, die auf Leistungsdaten fußt, resultieren in der Regel Maßnahmen im Rahmen der klinischen Nachbeobachtung. Diese können von fokussierten Literatursuchen über Produktregister bis hin zu Anwendungsbeobachtungen und PMCF-Studien reichen. Damit lassen sich gezielt Lücken schließen, die über die Leistungsdaten noch nicht vollumfassend belegt werden konnten. Eine solche Vorgehensweise wird bei einer korrekten Begründung auch von den Benannten Stellen anerkannt und akzeptiert.

3. Schlussfolgerung

Bisher wurden für viele Medizinprodukte die Äquivalenzroute und die Nutzung klinischer Daten zu einem oder mehreren Äquivalenzprodukten unabhängig von der Klasse des Medizinprodukts gewählt. Mit dem Inkrafttreten der MDR hat sich dies jedoch vollständig geändert. Aufgrund der strengeren Regulierungen, insbesondere für implantierbare und Klasse III Produkte, ist diese Route kaum noch möglich. Dies liegt sowohl an der erschwerten Nachweisführung der Äquivalenz als auch an den konkreten Vorschriften, wie dem Vertragsabschluss zwischen den Herstellern (MDR, Art. 61 Abschn. 5). Diese Veränderung dürfte wahrscheinlich auch das angestrebte Ziel der Macher der MDR gewesen sein.

Daher ist es entscheidend, bereits zu Beginn des Entwicklungsprozesses initiale Literaturrecherchen durchzuführen und die klinische Strategie zu überdenken. Dies ermöglicht eine umfassende Betrachtung der Datensituation und des Standes der Technik zum Produkt. Eine frühzeitige Festlegung der Zweckbestimmung kann dazu führen, dass der Weg über Leistungsdaten eingeschlagen werden kann, was nun an Bedeutung gewinnt und bei immer mehr Produkten Anwendung findet. Die Beispiele in diesem Beitrag zeigen, dass dies möglich ist, wenn es fundiert begründet werden kann. Dennoch darf auch bei einer klinischen Bewertung basierend auf Leistungsdaten eine Literatursuche nicht vernachlässigt werden. Daten zum Stand der Technik, Leitlinienempfehlungen sowie technische Standards tragen hier maßgeblich zur Beurteilung bei.

4. Wie wir Ihnen helfen können

Als CRO unterstützen wir Sie über den gesamten Prozess der Generierung und Bewertung klinischer Daten und bei der Zulassung und Marktüberwachung Ihres Produkts. Und dabei beginnen wir mit der klinischen Strategie! Außerdem erstellen wir die komplette klinische Bewertungsakte für Sie.

Im Falle von klinischen Prüfungen überlegen wir gemeinsam mit Ihnen, ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss. Das klären wir im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

Wenn eine klinische Prüfung durchgeführt werden soll, müssen zuvor grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllt sein. Die Daten aus der klinischen Prüfung münden dann in die klinische Bewertung, die wiederum die Basis für Post-Market-Clinical-Follow-up (PMCF)-Aktivitäten (ggf. einschließlich einer PMCF-Studie) darstellt.

Außerdem benötigen alle Hersteller von Medizinprodukten ein Qualitätsmanagement system (QMS), auch bei der Entwicklung von Produkten der Klasse I.

Wir unterstützen Sie während Ihres kompletten Vorhabens mit Ihrem Medizinprodukt, beginnend bei einer kostenlosen Erstberatung, Hilfe bei der Einführung eines QM Systems, Studienplanung und Durchführung bis hin zur Technischen Dokumentation - immer mit primärem Bezug auf die klinischen Daten zum Produkt: von Anfang an bis zum Ende.

Haben Sie jetzt schon erste Fragen?

Eine kostenfreie Erstberatung erhalten Sie hier: kostenlose Erstberatung

medXteam GmbH
Hetzelgalerie 2

67433 Neustadt / Weinstraße
+49 (06321) 91 64 0 00
kontakt (at) medxteam.de