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Klinische Forschung im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich

Bei medXteam stehen klinische Daten im Mittelpunkt. In diesem Kontext führen wir als CRO nicht nur klinische Prüfungen mit Medizinprodukten gemäß MDR und ISO 14155 durch, sondern bieten auch sämtliche weiteren Möglichkeiten und Formen der Datenerhebung an. Dieses Mal geht es in diesem Kontext um das Thema der klinischen Prüfungen im Dentalbereich. Da dieses Thema sehr umfangreich ist, haben wir es auf zwei Teile aufgeteilt. In diesem Teil 1 geht es insbesondere um die Studientypen, das Design und besondere Endpunkte bei Medizinprodukten, die in Dentalstudien zum Einsatz kommen.  

Abkürzungen

MDR                Medical Device Regulation; EU-Verordnung 2017/745

Zugrundeliegende Regularien

EU-Verordnung 2017/745 (MDR)
Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG)

Quellen

www.ebm-netzwerk.de : abgrufen am 26. August 2024 um 7:49 Uhr

BA Just , H Rudolph , R Muche: „Klinische Studien in der Zahnmedizin – und was dahinter steckt - Clinical Trials in Dentistry – What lies Behind“. ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2012; 121(10): 478-486. DOI: 10.1055/s-0032-1330863

WV Giannobile, NP Lang, MS Tonetti, eds.: „Osteology guidelines for oral and maxillofacial regeneration: clinical research“. Quintessence Publishing, 2014.

1. Einleitung

Die Klinische Forschung im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich unterscheidet sich in den grundsätzlichen Prinzipien nicht von biomedizinscher Forschung in anderen Gebieten des menschlichen Körpers.

Auch dentale klinische Studien können grundsätzlich anhand der Vorgehensweise in experimentelle und epidemiologische, prospektive und retrospektive Studien unterteilt werden (siehe dazu auch unsere früheren Blogbeiträge).

2. Dentale Studien

2.1 Experimentelle Studien

Bei einer experimentellen Studie wird ein Experiment (oder Therapie) wiederholt durchgeführt, wobei die Anzahl und das Auswahlverfahren der Studienobjekte (Prüfungsteilnehmer, Patienten) sowie die Art und der Umfang der zu sammelnden Informationen vor Studienbeginn festgelegt werden. Ziel einer experimentellen Studie ist im Allgemeinen der Nachweis von kausalen Zusammenhängen. Bei einer epidemiologischen Studie ( Beobachtungsstudie) wird ausschließlich wiederholt beobachtet, ohne dabei in den Prozessablauf einzugreifen, diese Art der Studie ist auch retrospektiv möglich. Ziel einer epidemiologischen Studie ist im Allgemeinen das Erkennen und Bewerten von Zusammenhängen.

Das folgende Studiendesign  jedoch ist spezifisch für die Zahnmedizin und erfreut sich aus verschiedenen Gründen großer Beliebtheit:

Split – Mouth – Design

Das Split-Mouth-Design ist ein Versuchsmodell in der Zahnmedizin, bei dem bei einem Studienteilnehmer in unterschiedlichen Bereichen der Mundhöhle 2 oder mehr verschiedene Therapien vorgenommen werden. In der Regel wird die Therapieform zufallsbasiert (randomisiert) dem Bereich der Mundhöhle zugeteilt. Durch diese spezielle Form des Studiendesigns werden die Unterschiede eliminiert, die zwischen zwei Patienten herrschen. Jeder Patient fungiert gleichzeit als Test und Kontrolle. Im Gegensatz zu Studiendesigns, die verschiedene Patienten miteinander vergleichen, verbessert das Split-Mouth-Design die Vergleichbarkeit verschiedener Therapieformen, wodurch unter Umständen die Fallzahl geringer gewählt werden kann. Da es sich bei dem gewonnenen Informationsgehalt um sogenannte „verbundene“ Daten handelt, sind allerdings dementsprechend spezielle, „verbundene“ statistische Tests notwendig.

2.2 Validität der Daten 

Für die Validität von dentalen Studien gelten die Grundsätze aller klinischen Studien: sie ist ein qualitatives Maß der Gültigkeit eines Forschungsresultats – jedoch kein mathematisches Maß wie die Reliabilität. Auch hier wird zwischen interner und externer Validität unterschieden. Interne Validität steht für die Eindeutigkeit der Ergebnisinterpretation und wird beeinflusst durch systematische Fehler (Bias), wie z.B. Fehler im Design der Studie, ihrer Durchführung, der Datenerhebung oder Fehlern bei der Auswertung und Ergebnisanalyse.

2.3 Evidenz

Für die Einteilung in Evidenzklassen, Randomisierung, Fallzahlplanung und statistische Auswertung  gelten bei klinischen Studien im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich dieselben Regeln wie für andere klinische Studien.

2.4 Good Clinical Practice

GCP oder „Good Clinical Practice („gute klinische Praxis“) bezeichnet international anerkannte, ethische und wissenschaftliche Qualitätsstandards und Regeln für die Durchführung von klinischen Studien am Menschen. Die Einhaltung der GCP dient der Gewährleistung des Schutzes und der informierten Einwilligung der Studienteilnehmer (ethischer Aspekt) sowie der Erhebung glaubwürdiger, valider Daten. Natürlich fallen auch dentalmedizinische klinische Studien unter die „gute klinische Praxis“.

2.5 Bereiche

Die Zahnmedizin ist ein Gebiet, in dem viele Medizinprodukte zum Einsatz kommen. Man denke zum Beispiel an Bohrer zum Entfernen von kariösen Läsionen, Füllungsmaterialien, kieferorthopädische Aligner aber auch Implantate. Daher regeln MDR und ISO14155 die regulatorische Herangehensweise und Durchführung von klinischen Studien.

Ein Bereich, in dem viele klinische Studien angesiedelt sind, ist die Parodontologie und dentoalveoläre Chirurgie. Die folgenden Abschnitte beziehen sich daher vor allem auf diese beiden Forschungsfelder.

3. Endpunkte in klinischen Studien

Die Grundlage der klinischen Forschung besteht darin, eine klinisch relevante Hypothese aufzustellen, die mit wissenschaftlichen Methoden validiert oder widerlegt werden kann. Mit dieser Methode kann eine gezielte und klinisch relevante Fragestellung systematisch definiert, gemessen und analysiert werden, um eine Antwort zu erhalten, die in Form von Endpunkten oder Ergebnissen angegeben wird. Die Ergebnisse sind daher die Folgen oder Effekte von Interventionen in klinischen Studien sowie die Effekte der untersuchten biologischen Prozesse in prospektiven Beobachtungsstudien.

Ein Endpunkt  ist der Parameter oder die Variable, die in einer Interventions- oder Beobachtungsstudie gemessen wird; mit dem Ergebnis dieser Messung wird die Antwort auf die Forschungsfrage oder die Gültigkeit der getesteten Hypothese geliefert. Diese Endpunkte können vom Patienten oder der Versuchsperson selbst (patientenbezogene Endpunkte) oder vom Prüfer oder Kliniker zu bestimmten Aspekten des Krankheitsverlaufs oder des Ansprechens auf die Behandlung (vom Prüfer bewertete Endpunkte) beurteilt und bewertet werden. Echte Endpunkte werden auch als solche definiert, die eine greifbare Auswirkung auf den Patienten darstellen (z. B. Zahnverlust).

In der Studienmethodik der klinischen Forschung werden unter Surrogatendpunkten (intermediären Endpunkten) Endpunkte verstanden, die selbst nicht von unmittelbarer Bedeutung für die Patienten sind, aber stellvertretend für wichtige Endpunkte stehen können (z. B. Blutdrucksenkung als Surrogatparameter für Vermeidung eines Schlaganfalls). Surrogatendpunkte sind oft physiologische oder biochemische Marker, die sich relativ schnell und einfach messen lassen und denen eine Vorhersagefunktion für spätere klinische Ereignisse zugestanden wird. Voraussetzung für zuverlässige Aussagen über die Wirksamkeit einer Behandlung ist ein enger kausaler Zusammenhang zwischen Surrogatparameter und dem eigentlichen Endpunkt. Es wird daher erwartet, dass die gemessenen signifikanten Veränderungen des Surrogat-Ergebnisses als Folge der getesteten Intervention auch den wahren Endpunkt signifikant beeinflussen werden. Diese Antwort ist in vielerlei Hinsicht umstritten, vor allem bei der Untersuchung und Behandlung chronischer Krankheiten mit multifaktorieller Ätiologie, wie z. B. Parodontitis, wo die Bewertung eines Aspekts der Krankheit ein anderes Ergebnis über einen anderen Weg oder den Einfluss anderer Störfaktoren, die nicht durch das untersuchte Surrogat identifiziert wurden, nicht ausschließt.

Die Ergebnisse der klinischen Forschung werden auch in "primäre" und "sekundäre" Ergebnisse unterteilt. Primäre Ergebnisse sind solche, die zur Beantwortung der Forschungsfrage oder zur Validierung der getesteten Hypothese dienen. Sie stehen daher bei der Datenanalyse im Vordergrund und dienen dazu, die Schlussfolgerungen der Studie zu liefern. Sie müssen auch für die Berechnung des Stichprobenumfangs der Studie herangezogen werden. Die ideale Situation für die klinische Forschung wäre die Verwendung echter Ergebnisse als primäre Ergebnisse, aber wie bereits erwähnt, sind echte Ergebnisse in der klinischen Forschung bei kurz- bis mittelfristigen Interventions- oder Beobachtungsstudien in der Regel nur schwer zu bewerten.

Sekundäre Ergebnisse sind in der Regel Messungen von Verhaltensweisen oder Lebensstilen, die das Ergebnis des eigentlichen Ergebnisses erheblich beeinflussen (z. B. Tabakrauchen, Plaquekontrolle). Ihre Bewertung ist daher wichtig für die Kontrolle der relevanten Faktoren, die das untersuchte Ansprechen auf eine Intervention oder den Beginn oder das Fortschreiten eines Krankheitsprozesses beeinflussen können.

Die Ergebnisse können auch in "qualitativ" oder "quantitativ" unterteilt werden. Quantitative Ergebnisse sind solche, die mit numerischen kontinuierlichen Variablen ausgedrückt werden können, die in der Regel einer parametrischen Statistik unterzogen werden können. Qualitative Ergebnisse sind verbale oder kategoriale Darstellungen einer nicht quantifizierbaren Variable und können weiter als nominal (z. B. Geschlecht) oder ordinal klassifiziert werden, wenn sie in Kategorien ausgedrückt werden können (z. B. Plaque-Index). Vor ihrer Verwendung in der klinischen Forschung muss jede quantitative oder qualitative Variable hinsichtlich ihrer Validität und Zuverlässigkeit bei der Bewertung des untersuchten Ergebnisses sowie hinsichtlich ihrer Sensitivität und Spezifität bei der Darstellung eines echten Ergebnisses bewertet werden.

In oralen klinischen Untersuchungen zur Geweberegeneration werden je nach Fragestellung sowohl echte Endpunkte als auch Surrogatendpunkte verwendet, um die Wirksamkeit von Behandlungen zu bewerten.

Um die Qualität einer klinischen Studie sicherzustellen, sollten die Endpunkte natürlich für die große Mehrheit der Patienten und Erkrankungen anwendbar sein. Zudem sollen sie klar definiert und einfach zu validieren sein. Darüberhinaus ist eine hohe Sensitivität/Spezifität für die Krankheitsdiagnose und das Fortschreiten der Krankheit wichtig.

Im folgenden stellen wir die in der Parodontologie und Oralchirurgie am häufigsten verwendeten Endpunkte und Ergebnisse vor, wobei der Schwerpunkt auf der Geweberegeneration liegt.

3.1 Endpunkte in der Parodontologie

Endpunkte in der Parodontalforschung dienen dem Verständnis des parodontalen Krankheitsprozesses und der Untersuchung der Wirksamkeit verschiedener therapeutischer Maßnahmen . Für die Untersuchung des Krankheitsprozesses ist es wichtig, eine klare Falldefinition für die zu untersuchende parodontale Erkrankung (Gingivitis, chronische Parodontitis, aggressive Parodontitis usw.) festzulegen. Obwohl es in der Literatur verschiedene Falldefinitionen gibt, ist die internationale Klassifikation der European Federation of Periodontology (2017)  der parodontalen Erkrankungen und Zustände die am weitesten akzeptierte ).

Die chronische Parodontitis schreitet in der Regel langsam voran, und wenn keine präventiven oder therapeutischen Maßnahmen ergriffen werden, führt ihr natürlicher Verlauf schließlich zur Lockerung des Zahns bis zum Ausfallen des Zahnes. Dieses Fortschreiten verläuft jedoch in der Regel langsam, mit Perioden des Verlusts des parodontalen Attachments, gefolgt von Perioden der Ruhe oder sogar der Geweberegeneration, was von vielen Faktoren abhängt (genetische Anfälligkeit, Lebensstil und verhaltensbedingte Risikofaktoren usw.), die sich auf die Interaktionen zwischen Wirt und Bakterien auswirken, die an der Pathogenese der Gewebezerstörung beteiligt sind.

Bei der Untersuchung der verschiedenen Präventions- und Therapieansätze wird die Wirksamkeit der verschiedenen Maßnahmen im Hinblick auf ihren Einfluss auf das parodontale Attachmentniveau anhand verschiedener Endpunkte ermittelt:

durch

  • die Verhinderung des Attachmentverlusts und damit die Erhaltung der parodontalen Gesundheit (Prävention),
  • die Unterbrechung des destruktiven Krankheitsprozesses und
  • die Erhaltung eines gesunden, aber reduzierten Parodonts (ursachenbezogene Therapie) oder
  • durch die Anwendung regenerativer Technologien, die darauf abzielen, ein neues Attachment des Parodonts an einer zuvor erkrankten Wurzeloberfläche zu erreichen (regenerative Therapien).

In der Parodontalforschung gibt es zwei echte Endpunkte: der eine ist der histologische Nachweis des Verlust des parodontalen Attachments, und der andere ist der Zahnverlust, das Endergebnis des Krankheitsprozesses.

Die Histologie ist die einzige verfügbare Methode zum Nachweis der parodontalen Regeneration und der periodontalen Zerstörung. Diese Technik ist jedoch auf die präklinische Forschung beschränkt, da für eine histologische Auswertung, der betroffeneZahn in einem Block mit dem dazugehörigen Weichgewebe für die histologische Präparation entnommen werden muß. Dennoch wurden in der Historie histologische Ergebnisse in Studien zur Bewertung regenerativer Technologien genutzt. Um das Ausmaß der Regeneration nachzuweisen, müssen neuer Zement und neues Bindegewebsattachment koronal zur apikalen Ausdehnung des Krankheitsprozesses entlang der Wurzel identifiziert werden. Neben der Bewertung des Vorhandenseins von neuem Zement und Bindegewebsattachment als qualitatives histologisches Ergebnis zum Nachweis der parodontalen Regeneration wurde die histometrische Analyse zur quantitativen mikroskopischen Gewebsbestimmung des Attachments (neues Zement, Bindegewebe und Epithel) eingesetzt. Dabei wurde eine während des chirurgischen Eingriffs eingebrachte Kerbe an der apikalen Ausdehnung des Attachmentverlustes als feste Landmarke verwendet. Diese histologischen Ergebnisse können jedoch aus offensichtlichen ethischen Gründen nur in experimentellen Studien untersucht werden, so dass die Bewertung regenerativer Therapien in Humanstudien mit Surrogat-Ergebnissen erfolgen muss.

Ein weiterer echter Endpunkt ist der Zahnverlust, da er das definitive Ende des Krankheitsprozesses und den eindeutigen Misserfolg einer jeden Interventionsstudie darstellt. Dieser Endpunkt wird in klinischen Studien kaum verwendet, da dieses Ereignis selten ist und viel Zeit in Anspruch nimmt. Seine Bewertung ist jedoch in langfristigen Bevölkerungsstudien sowie in Längsschnittstudien zur Bewertung der langfristigen Wirksamkeit von präventiven und therapeutischen Maßnahmen sehr wichtig, da sie eine echte Bewertung des Überlebens der Zähne ermöglicht und die Bewertung der Risikofaktoren erlaubt, die dieses Ergebnis beeinflussen.

3.2 Primäre Surrogat-Endpunkte in der Parodontologie

Wie bereits erwähnt, sind die primären Endpunkte in der Parodontalforschung die Bewertung des klinischen Attachmentniveaus durch parodontale Sondierung und des Knochenniveaus durch Röntgenuntersuchungen.

3.2.1 Parodontale Sondierung

Die parodontale Sondierung ist die am häufigsten verwendete nicht-invasive Diagnosemethode zur Beurteilung des Fortschreitens der Parodontitis und zur Bewertung des parodontalen Attachmentniveaus. Dies geschieht in der Regel durch vorsichtiges Einführen der Sonde in den gingivalen Sulkus und Messen des Abstands zwischen einem festen Referenzpunkt, der Schmelz-Zement-Grenze (cemento enamel junction; CEJ), und dem Punkt, an dem die Sonde bei einem bestimmten Druck (etwa 25 g) anhält (Boden des Sulkus oder der Tasche). Diese Messung, die als klinischer Attachmentlevel (clinical attachement level; CAL) bezeichnet wird, ist nicht immer einfach zu bewerten, da der CEJ nicht immer für eine visuelle Inspektion zur Verfügung steht, wenn sie sich unterhalb des Zahnfleischrandes befindet. Aus diesem Grund wird das CAL-Niveau in der Regel zusammen mit dem Niveau der Sondierungstaschentiefe (probing pocket depth; PPD) und dem Rezessionsniveau (recession level; REC) bestimmt. Die PPD-Werte geben den Abstand zwischen dem Gingivarand und dem Boden des Sulkus/der Tasche an, die REC-Werte den Abstand zwischen dem Gingivarand und dem CEJ. Die Addition von PPD und REC drückt CAL aus; bei Gesundheit, Gingivitis und früher Parodontitis gibt es jedoch keine Rezession, da der Gingivarand in der Regel über oder auf der Höhe der CEJ liegt, was bedeutet, dass PPD und CAL ähnliche Werte haben. Bei Interventionsstudien in der Parodontalforschung müssen die drei Messwerte (CAL, PPD und REC) zu Beginn und nach der Behandlung aufgezeichnet werden, um die Auswirkungen der Therapie auf das Fortschreiten der Erkrankung zu bewerten. In diesen Studien muss das primäre Ergebnis daher die Zunahme des klinischen Attachments und die Verringerung der Sondierungstaschentiefe sein.

Obwohl die parodontale Sondierung die am häufigsten verwendete Bewertungsmethode in der Parodontalforschung ist, weist diese Messung viele Fehlerquellen auf, die bei klinischen Untersuchungen minimiert werden sollten. Ihre Validität und Reproduzierbarkeit hängt von der Neigung beim Eindringen in den Sulkus, von der Einführungskraft, von der Fähigkeit, die Messungen richtig abzulesen (in der Regel innerhalb von 1 mm) und von der Genauigkeit der korrekten Übertragung der Ergebnisse ab. Es wurden verschiedene Strategien zur Verringerung dieser Variabilität empfohlen, wie z. B. die Verwendung von Sonden mit konstanter Kraft, Stents zur Führung der Sonde und elektronische Ablesesysteme. Um die Reproduzierbarkeit der Sondierungsmessungen in jeder klinischen Studie zu gewährleisten, ist es außerdem von grundlegender Bedeutung, Kalibrierungsstudien durchzuführen, um sicherzustellen, dass die Variabilität zwischen den Prüfern so gering wie möglich gehalten wird. Idealerweise sollte ein einziger kalibrierter Prüfer alle Messungen durchführen. Wenn andere Prüfer eingesetzt werden, ist es noch wichtiger, Kalibrierungsstudien zwischen den Prüfern durchzuführen.

In der Vergangenheit wurden in klinischen Prüfungen zur parodontalen Regeneration intraoperative Sondierungsmessungen an den behandelten infraalveolären Läsionen durchgeführt. Bei diesem Studiendesign werden die Baselinemessungen währende der Intervention durchgeführt, sobald der Defekt vollständig debridiert (gereinigt) ist, und der Abstand zwischen der Schmelzzementgrenze (CEJ) und der tiefsten Stelle des Defekts wird aufgezeichnet. Für die Bewertung des Ergebnisses ist ein chirurgischer Wiedereingriff (Re-Entry) erforderlich, um diesen Abstand (CEJ-Tiefpunkt des Defekts) nach Anheben eines Lappens zu registrieren. Aus offensichtlichen ethischen Gründen werden diese Re-Entry-Studien nur noch selten durchgeführt, es sei denn, der zweite chirurgische Eingriff ist erforderlich, um eine nicht resorbierbare Barrieremembran (z. B. e-PFTE), zu entfernen.

3.2.2 Röntgenaufnahmen des Knochenniveaus

Die Verwendung periapikaler Röntgenaufnahmen ist die gängigste Methode, um Veränderungen der interdentalen Alveolarknochenposition im Verhältnis zu einem festen Referenzpunkt am Zahn (z.b. CEJ) festzustellen. Diese Messung liefert, ähnlich wie der CAL-Wert, wichtige Informationen bei der Untersuchung des Fortschreitens der Parodontalerkrankung (Verlust des Knochenniveaus) oder bei der Untersuchung der parodontalen Regeneration (Zunahme des Knochenniveaus) oder bei Studien zur Bewertung der Parodontaltherapie, bei denen lediglich versucht wird, den Krankheitsprozess aufzuhalten (Stabilität des Knochenniveaus). Um diese Veränderungen des Knochenniveaus festzustellen, müssen zwei oder mehr Röntgenuntersuchungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten verglichen werden . Ähnlich wie bei klinischen Messungen sind die am häufigsten berechneten Abstände der Abstand zwischen dem CEJ und dem tiefsten Kontakt zwischen der Wurzel und dem Knochen. Die Daten werden in der Regel in Form von linearen Messungen des Knochenaufbaus oder Knochenabbaus ausgedrückt. Ähnlich wie bei der parodontalen Sondierung ist auch die Gültigkeit und Reproduzierbarkeit der röntgenologischen Beurteilung des Knochenniveaus vielen Fehlerquellen unterworfen.

Dazu gehören:

  • die Röntgenprojektion,
  • die Position der Platte oder des Sensors,
  • die Röntgenaufnahme und -verarbeitung sowie die
  • Fähigkeit des Untersuchers, die Bilder zu interpretieren.

In der klinischen Forschung ist es daher wichtig, diese Variabilitätsquellen zu kontrollieren, indem periapikale Röntgenaufnahmen mit der richtigen Parallelisierungstechnik und unter Verwendung von individuellen Röntgenfilmhaltern, die Abdrücke der Kauflächen des Patienten enthalten, angefertigt werden. Dies gewährleistet einen reproduzierbaren Röntgenwinkel über die komplette Bilderserie. Die meisten der aktuellen Röntgendiagnosesysteme verwenden digitalisierte Bilder, die eine Bildkorrektur und direkte lineare Messungen durch die Software ermöglichen, was die Reproduzierbarkeit dieser Messungen verbessert. Im Idealfall erfolgt die Auswertung der Veränderungen des Knochenniveaus elektronisch über die digitale Subtraktionsanalyse, dies erfordert eine sehr präzise Röntgentechnik, um eine korrekte Überlagerung der Bilder zu ermöglichen.

Die Bewertung von Veränderungen des Knochenniveaus kann in klinischen Studien auch direkt erfolgen, indem der Abstand zwischen CEJ und dem tiefsten Knochenkontakt zur Wurzeloberfläche gemessen wird (Knochensondierung). Dies muss intraoperativ erfolgen, und dann erneut bei einem späteren Wiedereingriff nach Anheben eines Lappens und Reinigung des Restdefekts. Wie oben bereits erwähnt, werden diese invasiven Wiedereingriffsverfahren aus offensichtlichen ethischen Gründen nicht empfohlen. Auch die  Verwendung von Studienabdrücken des Defekts zur Bewertung der dreidimensionalen Veränderungen der Läsion nach dem getesteten regenerativen Eingriff sind denkbar. . Intrachirurgische Abdrücke sollten sowohl zum Zeitpunkt der Operation nach dem Debridement der Defekte als auch am Ende des Studienzeitraums (in der Regel ein Jahr) genommen werden. Diese Abdrücke sollten Aufschluss geben über:

(i) Anzahl der betroffenen Zahnoberflächen;

(ii) die Tiefe der 1-, 2- und 3-Wand-Komponente des Defekts; und

(iii) der Defektumfang, der als Breite des Winkels geschätzt und auf die nächsten 30 Grad genau gemessen wird.

Auch diese Endpunkte erfordern ein Re-Entry-Verfahren und sind aus den gleichen Gründen wie oben beschrieben kritisch zu betrachten.  

3.3 Sekundäre Surrogat-Endpunkte

Bei der Durchführung klinischer Studien in der Parodontologie gibt es mehrere Endpunkte, die nicht unbedingt das Hauptziel der Untersuchung oder das Ergebnis der getesteten Behandlung bewerten, von denen aber bekannt ist, dass sie das Studienergebnis sekundär beeinflussen, und die daher bewertet und berücksichtigt werden sollten. Die am häufigsten verwendeten sekundären Endpunkte sind Plaqueakkumulation und Zahnfleischentzündung. Beide Messungen sind miteinander verknüpft,  die eine gibt Aufschluss über die Einhaltung der Mundhygienemaßnahmen durch den Patienten (Plaqueakkumulation) und die andere über den Grad der Infektionskontrolle (Zahnfleischentzündung), die in der Regel in der  Therapiephase durchgeführt wird, die vor einer parodontalen Regenerationstherapie erfolgt. Die Plaqueakkumulation kann zum Beispiel mit dem Full-Mouth-Plaque-Score (FMPS) gemessen, der dichotomisch das Vorhandensein von sichtbarer Plaque an 4 bis 6 Stellen pro Zahn bewertet (0, keine sichtbare Plaque am Weichgeweberand; 1, sichtbare Plaque am Weichgeweberand). Er wird proportional ausgedrückt, und es wird davon ausgegangen, dass eine gute Patientencompliance erreicht ist, wenn dieser Wert unter 15 % liegt. In ähnlicher Weise kann die Entzündung der Gingiva mit dem Full-Mouth-Bleeding-Score (FMBS) bewertet, der das Vorhandensein von sichtbaren Blutungen bei der Sondierung an 4 bis 6 Stellen pro Zahn beurteilt. Er wird ebenfalls proportional ausgedrückt, und es wird geschätzt, dass eine angemessene Infektionskontrolle erreicht ist, wenn dieser Wert unter 15 % liegt.

Es gibt noch andere Indizes zur Bewertung der Plaqueansammlung und der Entzündung der Zahnfleischtaschen (Plaqueindex, Gingivaindex usw.), aber diese werden hauptsächlich für Therapien verwendet, die auf die Verringerung von Plaque und Gingivitis abzielen und bei denen diese Indizes zum Hauptendpunkt der Untersuchung werden, was bei regenerativen Studien eindeutig nicht der Fall ist.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Rauchgewohnheit des Patienten. Idealerweise sollten die Prüfungsteilnehmer Nichtraucher sein, wenn dies nicht möglich ist, sollte der Faktor „Rauchen“ bei der Randomisierung berücksichtigt werden, damit die Anzahl der Raucher in den Behandlungsgruppen ausgeglichen ist.

Die Wahl der Operationstechnik und Methodik ist ein weiterer wichtiger Faktor. Es gibt spezielle chirurgische Techniken für regenerative Verfahren, die hauptsächlich auf die Erhaltung des Interdentalgewebes abzielen. Diese Techniken sollten im Forschungsprotokoll klar beschrieben werden, und vor Beginn der Studie sollte eine entsprechende Schulung und Kalibrierung durchgeführt werden.

Eine weitere Rolle spielt die Defektkategorie. Insbesondere bei Studien zur parodontalen Regeneration, bei denen verschiedene Ansätze zur Behandlung infraalveolärer Defekte verfolgt werden, kann die Anatomie des Defekts das Regenerationsergebnis beeinflussen, weshalb die Messung dieser Anatomie als sekundäres Surrogat verwendet werden sollte. Dies geschieht in der Regel intraoperativ durch direkte Messungen des Defekts mit einer Parodontalsonde, nachdem die Läsion vollständig gereinigt wurde. Diese Messungen sollten die Anzahl der knöchernen Wände, die den Defekt definieren, die infraalveoläre Komponente des Defekts und die Defektangulation umfassen. Die infraknöcherne Komponente des Defekts kann ebenso wie die Defektwinkelung auch röntgenologisch gemessen werden, wobei die Genauigkeit eine gute Röntgentechnik erfordert.

4. Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei klinischen Studien zur parodontalen Regeneration viele Faktoren berücksichtigt werden müssen, um zuverlässige und aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Die Defektkategorie, die Wahl der Operationstechnik und Methodik sowie die Rauchgewohnheit der Patienten spielen eine wesentliche Rolle. Darüber hinaus sollten sekundäre Endpunkte wie Plaqueakkumulation und Zahnfleischentzündung sorgfältig bewertet werden, da sie das Studienergebnis erheblich beeinflussen können. Diese Faktoren tragen dazu bei, die Wirksamkeit und Sicherheit der untersuchten Behandlungsmethoden zu gewährleisten und letztendlich die parodontale Gesundheit der Patienten zu verbessern.

Fortsetzung folgt: Freuen Sie sich auf Teil 2 unserer Blogreihe, in dem wir weitere wichtige Aspekte der klinischen Forschung in der Parodontologie vertiefen werden. Bleiben Sie dran!

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